In Minutenschnelle kann er zum Tod führen oder schwerste Behinderungen verursachen: der Schlaganfall. Obwohl er in den wenigsten Fällen aus heiterem Himmel eintritt, sondern vielfach erst nach erkannbaren und warnenden Anzeichen, stirbt fast jeder Dritte hierzulande an den Folgen eines verstopften oder geplatzten Blutgefässes im Kopf.
Neben Herzerkrankungen und Krebs gehört der Schlaganfall damit zu den häufigsten Todesursachen und wird dennoch von nur zehn Prozent der Bevölkerung als persönliche Bedrohung empfunden. In ihrem Bewusstsein sind Krebs oder HIV sehr viel stärker vertreten, ausserdem erliegt sie in weiten Teilen dem Irrtum, der «Schlag» drohe ausschliesslich alten Menschen.
Folglich werden die Erstsymptome nicht nur von Laien, sondern auch von manchen Hausärzten bagatellisiert oder übergangen, so dass nur wenige Betroffene innerhalb der für den Behandlungserfolg wichtigen Frist von drei Stunden in einer Klinik eintreffen. Innerhalb dieses Zeitraumes lassen sich neurologische Ausfälle oft minimieren: Für die Therapie von Schlaganfällen gilt «Time is brain», d.h. je schneller die Patienten ins Krankenhaus kommen, desto mehr Hirnzellen können gerettet werden. Patienten, die später behandelt werden, müssen z.T. mit schweren oder schwersten Behinderungen leben - sofern sie den Schlaganfall überhaupt überstehen: Jeder Fünfte stirbt unmittelbar daran.
Ähnlich wie ein Herzinfarkt ist ein Schlaganfall ein Notfall, bei dem der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle spielt. Nur innerhalb der ersten sechs Stunden nach dem Ereignis ist eine erfolgversprechende Akuttherapie möglich. Bei rechtzeitiger Behandlung lassen sich Spätfolgen drastisch verringern. Darum ist es so wichtig, dass die Warnsignale und die akuten Anzeichen für einen Schlaganfall bekannt sind. Nur dann ist es möglich, einen Schlaganfall schnell zu erkennen.
Obwohl der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache ist, wissen rund 60 Prozent der Bürger kaum etwas über die Riskofaktoren und die Frühwarnsymptome.
Die Warnzeichen einer Transitorischen Ischämischen Attacke (TIA), d.h. einer vorübergehenden mangelnden Blutversorgung, im Volksmund auch «Schlägli» genannt, können schon nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Deshalb deuten viele sie fälschlicherweise als einen kurzfristigen Schwächeanfall. Tatsächlich müssen Sie sich jedoch umgehend zum Arzt oder direkt ins Krankenhaus begeben, wenn Sie im Folgenden genannten Symptome auch nur für wenige Augenblicke an sich feststellen. Die Schlaganfallsymptome sind ähnlich wie die TIA-Signale, dauern allerdings an und erreichen eine höhere Intensität.
Noch vor wenigen Jahren standen Patienten und Ärzte den lebensgefährlichen Durchblutungsstörungen im Gehirn ziemlich machtlos gegenüber. Weil man ohnehin nicht viel tun konnte, war auch keine besondere Eile geboten. Das hat sich radikal geändert. Eine schnelle Behandlung ist heute oberstes Gebot.
Wer sich schützen will, sollte die nebenstehenden Risikofaktoren kennen (und meiden) und vor allem einer Arterienverkalkung vorbeugen, denn sie ist der häufigste Grund für das Verstopfen oder Platzen eines Blutgefässes. Dessen glatte Innenschicht, Endothel genannt, soll für den ungehemmten Blutfluss sorgen, wird jedoch mit zunehmendem Alter durch aggressive Substanzen geschädigt. In der Folge lagern sich Fette und Kalk in der Arterienwand ein, die dadurch ihre Elastizität verliert und brüchig wird. Verletzungen und Blutgerinnsel können die Folge sein. Die Schäden einer fortgeschrittenen Arteriosklerose sind nach heutigem wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht zu beheben. Deshalb müssen alle Faktoren vermieden werden, die sie fördern und damit letztlich zu einem Schlaganfall führen können.
Das Risiko für Schlaganfall ist höher bei Menschen mit einer familiären Schlaganfallgeschichte. Forscher haben in wissenschaftlichen Studien drei Gene entdeckt, die wahrscheinlich die Höhe des Schlaganfall-Risikos beeinflussen. Das unterstützt die Theorie, dass auch die Vererbung eine Rolle spielt. In einem solchen Falle muss erst recht konsequent auf die Vermeidung von Risikofaktoren geachtet werden.
Schon eine leichte Erhöhung der roten Blutkörperchen macht das Blut dicker und erhöht die Gefahr der Klümpchenbildung. Wenn sich ein Gerinnsel löst, erhöht sich das Risiko einer Embolie, die einen Schlaganfall oder Herzinfarkt verursachen kann.
Die Fettsäure Homozystein (ein Zwischenprodukt des Stoffwechsels) unterstützt das Cholesterin bei der Bildung von Gefässablagerungen. In mehreren Studien wurde ein deutlicher Zusammenhang zwischen erhöhten Homozysteinwerten und Schlaganfällen nachgewiesen. Die beste Gegenmassnahme sind die Vitamine der B-Gruppe B6, B12 und Folsäure. Diese Vitamine sind vor allem in grünem Gemüse, Milch und Vollkornprodukten enthalten.
Erwiesen ist auch, dass sich Schlaganfälle in Zeiten extremer Hitze häufen. Erfahren Sie mehr über die Risikofaktoren für einen Schlaganfall >
Bei ständigem Bluthochdruck reicht auch das noch so konsequente Einhalten der genannten Verhaltsregeln nicht aus. Oft müssen zur Dauertherapie Medikamente genommen werden, die nicht als Belastung, sondern als wichtiges Hilfsmittel zur Senkung des Risikos zu betrachten sind. Während der Einstellungsphase ist Geduld gefordert und die Bereitschaft, auch einmal hinzunehmen, dass es einem anfänglich vielleicht sogar schlechter geht als vorher. Selbst wenn es zu Unwohlsein kommt, dürfen die Mittel in keinem Fall ohne Absprache mit dem Arzt abgesetzt werden.
Stellen Sie – falls erforderlich – Ihre Ernährung um: Essen Sie möglichst salzarm, regelmässig Fisch sowie viel frisches Obst und Gemüse. Ersetzen Sie tierische Fette durch pflanzliche und sorgen Sie für eine angemessenes Verhältnis von Fett (etwa 30 Prozent), Eiweiss (ungefähr 15 Prozent) und Kohlenhydraten (etwa 55 Prozent). Doch Achtung: Mit dem häufig postulierten Motto «Wenig Fett und viel Obst» allein ist es nicht getan! Darüber hinaus sollten Sie viel trinken und auf eine ballaststoffreiche Ernährung achten, denn Ballaststoffe können den Blutfettspiegel senken. Dunkle Brotsorten, Naturreis, Vollkornteigwaren sind zu bevorzugen.
Reduzieren Sie zudem nach Möglichkeit Ihren Stress und Ihren Bewegungsmangel. Um einen Schlaganfall zu vermeiden, ist ausreichende körperliche Bewegung eine Grundbedingung. In einer grossen Untersuchung an über 20 000 Ärzten in den USA (Physician's Health Study) konnte nachgewiesen werden, dass eine schweisstreibende körperliche Übung einmal in der Woche das Schlaganfall-Risiko bereits um 21 Prozent senkt. Ein regelmässiges Training ist deshalb eine geeignete Vorsorgemassnahme, um den Schlaganfall zu vermeiden, aber auch das Körpergewicht konstant zu halten.
Bei einer Schlaganfall-Station handelt es sich um eine spezielle Einrichtung, die im medizinischen Standard einer Intensiv-Station entspricht. Zielsetzung ist, die Patienten mit einem akuten Schlaganfall so schnell wie möglich stationär aufzunehmen, um in einer fach-übergreifenden Zusammenarbeit von Neurologen, Internisten, Kardiologen und Neuroradiologen die Ursache des Schlaganfalls zu erkennen und die entsprechende Therapie zu praktizieren.
Am besten sind derzeit in Deutschland etwa 80 Spezialeinrichtungen an grösseren Kliniken – «Stroke Units» genannt – für die Sofortversorgung von Schlaganfall-Patienten geeignet. Auch in der Schweiz stehen zunehmend Spezialabteilungen zur Verfügung.
Mittels einer Computertomographie wird überprüft, ob es sich um eine Blutung oder einen Gefässverschluss handelt. Darüber hinaus sind Ultraschalluntersuchungen erforderlich, mit deren Hilfe sich mögliche Blutgerinnsel im Herzen bzw. Engstellen in den Gehirn-Gefässen erkennen lassen. In einigen Fällen ist eine Angiographie erforderlich: Dieses spezielle Röntgenverfahren mit Kontrastmittel gibt genauestens Aufschluss über Gefäss-Fehlbildungen oder Blutungsquellen. Ein Elektrokardiogramm liefert Informationen darüber, ob der Schlaganfall durch eine Herzrythmusstörung verursacht sein könnte. Und natürlich müssen neurologische Ausfälle, Blutdruck, Blutzucker, erhöhte Blutfettwerte und andere Werte ermittelt werden.
Mit Medikamenten lassen sich innerhalb der ersten drei Stunden Blutgerinnsel in der Hauptschlagader in Hals oder Gehirn auflösen und damit möglicherweise grössere neurologische Schäden verhindern. Aber selbst wenn es dazu gekommen ist, gibt es für viele Betroffenen Hoffnung, denn das Gehirn verfügt über die Fähigkeit, verloren gegangene Funktionen mit den verbliebenen Restfunktionen zu ersetzen.
An die Untersuchungen und Behandlungen im Spital sollten sich so schnell wie möglich auch geeignete Rehabilitationsmassnahmen anschliessen.
Krankengymnastik, Sprach- und Ergotherapie verordnen die Ärzte meist schon im Krankenhaus, und in der Regel wird der Patient anschliessend in ein Reha-Zentrum überwiesen.
Wer nach einem überstandenen Schlaganfall den Gedanken- und Informationsaustausch mit anderen Betroffenen sucht, sollte sich einer Selbsthilfegruppe anschliessen. Informationen dazu gibt es u.a. hier bei der Schweizerischen Herzstiftung.
Autorin: Angelika Eder/IZR, 6/01