Sport kann bei psychischen Störungen wie ein Antidepressivum wirken. Doch bereits der Aufenthalt im Freien hat nachweislich eine positive Wirkung auf eine bestimmte Gehirnregion.
Der Aufenthalt im Freien tut gut: Sauerstoff, die Duftstoffe des Waldes und nicht zuletzt die Bildung von Vitamin D durch Sonnenlicht haben nachweislich einen positiven Effekt auf die Gesundheit. Was dabei im Gehirn passiert, haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung herausgefunden. Mittels Magnetresonanztomographien konnten sie feststellen, dass sich das Volumen der grauen Hirnsubstanz in einer bestimmten Gehirnregion vergrösserte, je mehr die Probanden sich im Freien aufhielten. Dieser Effekt galt unabhängig von anderen Einflussfaktoren wie Sonnenscheindauer oder körperlichen Aktivitäten. Die Hirnregion im frontalen Cortex ist an der Planung und Regulation von Handlungen und an der kognitiven Kontrolle beteiligt. Eine Verringerung dieser Substanz steht mit vielen psychiatrischen Störungen im Zusammenhang.
Die positive Wirkung von Sport auf die körperliche und geistige Gesundheit ist bekannt. Dass Sport aber ebenso gut wie ein Antidepressivum wirken kann, ist relativ neu. Wissenschaftler der Medical School Hamburg haben hierzu 39 Metaanalysen aus den vergangenen 23 Jahren analysiert, die ihrerseits insgesamt fast 1600 Studien mit zusammen 142 000 Teilnehmern umfassten.
Hierbei bedienten sich die Forscher einer Effektgrösse, die ab einem Wert von 0,2 auf einen kleinen, ab 0,5 auf einen mittleren und ab 0,8 auf einen grossen Nutzen hindeutet. Für die etwa 61 000 Studienteilnehmer mit Ängsten liess sich eine Effektgrösse von 0,34 berechnen, was eher einen geringen Nutzen kennzeichnet. Bei den 81 000 Teilnehmern mit Depressionen lag der Wert jedoch bei 0,56 und damit schon im Bereich eines moderaten Profits. Gegen Depression scheint körperliche Bewegung also etwas mehr zu bringen, was sich auch mit anderen statistischen Verfahren bestätigen liess.
Das Erstaunliche war jedoch, dass, verglichen mit anderen Therapien, der Nutzen der körperlichen Bewegung sowohl bei Depressionen als auch bei Ängsten ähnlich gross wie eine medikamentöse oder eine psychotherapeutische Behandlung war.
Die Forscher vermuten, dass Sport ähnlich wie ein Antidepressivum wirkt: Viel Bewegung lässt den Serotoninspiegel steigen, verbessert die Übertragung von Neurotransmittern und begünstigt das Wachstum neuer Nervenzellen im limbischen System. Die Forscher sehen deshalb im Sport eine gute Ergänzung zu den anderen Verfahren.
Problematisch dabei ist, dass einerseits der Bewegungsdrang von depressiven Menschen eher eingeschränkt ist, andererseits exzessiv betriebener Sport auch ein Hinweis auf eine Depression sein kann. Ärzte sollten deshalb ihre Patienten ermuntern, sich einer Sportgruppe mit moderatem Sportprogramm anzuschliessen. Als Ersatz psychotherapeutischer oder medikamentöser Therapien kann Sport aber nicht dienen. Dies muss jeweils individuell mit einem Arzt abgeklärt werden.
Mediziner der Freien Universität Amsterdam konnten zeigen, dass bei Patienten mit Depressionen ein regelmässiges Lauftraining leicht besser wirkte als ein gängiges Medikament aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Über 16 Wochen mussten die Probanden entweder ein angeleitetes Lauftraining in der Gruppe von 45 Minuten Dauer zwei- bis dreimal die Woche durchführen oder das Arzneimittel einnehmen. Beide Gruppen wiesen am Ende ähnliche Verbesserungen bei Depression und Angststörung auf.
In der Laufgruppe verbesserten sich zudem die gemessenen Werte für Körpergewicht, Hüftumfang, Blutdruck und Herzfrequenz. In der Medikamentengruppe hingegen hatten sich diese Parameter leicht verschlechtert.