Schwellungen können an verschiedenen Körperteilen auftreten. Mit Methoden der Naturheilkunde lassen sie sich jedoch gut behandeln.
Autorin: Anja Rech, 06/20
Der Gummibund der Socken hinterlässt einen Abdruck, der Ring passt nicht mehr auf den Finger, der Spiegel zeigt Tränensäcke – viele haben solche Wassereinlagerungen schon mal bei sich festgestellt. Medizinisch werden sie als Ödeme bezeichnet. «Frauen sind häufiger von Ödemen betroffen, denn diese sind oft hormonell gesteuert», erklärt Dr. Ulrike Güdel, Ärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren in Reigoldswil und Bregenz. «Zudem haben sie weicheres Bindegewebe als Männer, das eher Wasser aufnimmt.» Bis zu drei Kilogramm können sie im Rahmen des prämenstruellen Syndroms (PMS) zunehmen. Oft lagert sich auch Wasser in die Brüste ein. Sie spannen schmerzhaft und fühlen sich schwer an. Sobald die Regel einsetzt, sorgen die Hormone dafür, dass das überschüssige Wasser den Körper über die Harnwege wieder verlässt. Die Frauen müssen einige Tage lang häufiger zur Toilette.
Manche Brustkrebspatientinnen leiden unter einem geschwollenen Arm aufgrund eines Lymphödems. Ursache ist, dass Lymphknoten in der Achselhöhle entfernt oder bestrahlt wurden und bei dem Eingriff das Lymphsystem beeinträchtigt wurde. Als Folge fliesst Flüssigkeit aus dem Gewebe schlechter ab. Häufig verordnet der Arzt dann Lymphdrainage.
Müde, schwere Beine, vor allem an heissen Tagen, sowie Schwellungen am Knöchel sind Anzeichen für eine Venenschwäche. Rund eine halbe Million Schweizer leiden darunter; Frauen sind häufiger betroffen. Bewegungsmangel sowie langes Stehen und Sitzen fördern die Beschwerden. Das Blut staut sich in den Venen, sie leiern aus. Weil die Blutgefässe durchlässiger werden, tritt Flüssigkeit ins umliegende Gewebe und sorgt für die Schwellungen. «Viel laufen schützt davor», sagt Dr. Güdel. Betrifft das Ödem nur ein Bein und tritt plötzlich auf, kann es sich um eine Venenthrombose handeln, bei der ein Blutgerinnsel eine Ader verstopft. Betroffene sollten schleunigst einen Arzt aufsuchen.
Eine durchzechte Nacht lässt einen am Morgen verquollen aussehen. Dies zeigt, dass der Alkohol den Wasserhaushalt durcheinandergebracht hat. Bei Schlafmangel ist zudem der Abfluss der Lymphe vermindert. «Der Bereich unter den Augen ist eine Reflexzone der Niere. Bei Menschen, die ständig Tränensäcke oder Augenringe aufweisen, sollte man daher nach den Nieren schauen», ergänzt die Ärztin. Und sie nennt einen weiteren Punkt: «Eine oft vergessene Ursache von Ödemen ist eine starke Elektrosmogbelastung durch Handys oder WLAN.» Wie man sich davor schützt, beschreibt sie in ihrem neuen Buch «Erdstrahlen und Elektrosmog».
Da hinter Ödemen ernste Erkrankungen stecken können (etwa ein Herz- oder Nierenleiden oder eine von Zecken übertragene Borreliose), ist es ratsam, zum Arzt zu gehen, wenn die Schwellungen mehrere Tage anhalten. Zu den Medikamenten, die er einsetzt, zählen meist ausschwemmende Diuretika.
Der umfassende Gesundheits-Newsletter von A.Vogel erscheint 1 x pro Monat und enthält Informationen, Tipps, Wettbewerbe und vieles mehr – rund um alle Gesundheitsthemen.
Doch auch die Naturheilkunde kennt gute Rezepte gegen Ödeme. So unterstützen Tees mit Ackerschachtelhalm, Birkenblättern, Brennnessel, Goldrute oder Löwenzahn den Körper beim Entwässern: Sie regen die Durchblutung der Nieren an. Diese arbeiten verstärkt und scheiden mehr Urin aus.
Ackerschachtelhalm, auch Zinnkraut (Equisetum arvense ) genannt, hat so mancher als Wildkraut im Garten. Er ist reich an Flavonoiden und Kieselsäure. Man lässt pro Tasse Tee einen Esslöffel Kraut mit 150 Milliliter Wasser 15 Minuten kochen, nach 30 Minuten abgiessen.
Die Brennnessel (Urtica dioica) kann man ebenfalls problemlos selbst sammeln. Die Wirkung beruht auf ihrem hohen Gehalt an Kalium. Pro Tasse Tee nimmt man einen Esslöffel frische oder einen Teelöffel getrocknete Blätter und lässt sie 10 Minuten ziehen.
Die Heilpraktikerin Helga Ell-Beiser bezeichnet in ihrem Buch «Naturheilkunde für Frauen» die Goldrute (Solidago virgaurea) als «Star unter den Nierenpflanzen». Wirksam sind Inhaltsstoffe wie Flavonoide und Saponine. Die Pflanze kann eingelagertes Wasser aus dem Gewebe treiben und das Bindegewebe stärken. Das getrocknete Kraut erhält man in der Apotheke. Die Dosierung beträgt ein Teelöffel Kraut pro Tasse; man lässt den Tee 20 Minuten bedeckt ziehen.
Viele Apotheken bieten Teemischungen an. So eignet sich eine Kombination aus 50 Gramm Birken-, 25 Gramm Brennnessel- und 25 Gramm Löwenzahn-Blättern. Für eine Tasse Tee verwendet man einen Esslöffel Kräuter; nach 10 Minuten abseihen. Die gängige Menge sind täglich drei Tassen des heilsamen Tees. Der durchspülende Effekt funktioniert jedoch nur mit ausreichend Wasser. Ell-Beiser empfiehlt daher, nach jeder Tasse Tee zwei bis drei Tassen reines Wasser zu trinken. Ausserdem ist es ratsam, die durchspülenden Getränke in der ersten Tageshälfte anzuwenden. Dr. Güdel erläutert, warum: «Da die Hauptarbeitszeit der Niere der späte Nachmittag ist, sorgt spätes Trinken für Toilettengänge in der Nacht.» Eine Alternative zu Tees sind Frischpflanzensäfte, die etwa mit Birkenblättern, Brennnesseln oder Zinnkraut erhältlich sind. Patienten mit Herz- oder Nierenleiden sollten allerdings auf ausschwemmende Tees und Säfte verzichten.
Zwei Pflanzen haben sich bei Venenschwäche als Fertigpräparate bewährt: Rosskastanie und Rotes Weinlaub. Beide enthalten Inhaltsstoffe, welche die Venenwände abdichten und so Ödeme verhindern können. Ausserdem wirken sie abschwellend.
Dr. Güdel unterstützt die naturheilkundliche Ödemtherapie von innen mit Silicea, also Kieselgel. «Es kann die Zellen abdichten», begründet sie. «Rühren Sie jeden Tag einen Esslöffel davon in Flüssigkeiten wie Saft.» Zusätzlich empfiehlt sie, täglich 400 bis 600 Milligramm Magnesium einzunehmen, denn der Mineralstoff verbessere die Stabilität des Bindegewebes. Sollte sich als Nebenwirkung Durchfall einstellen, reduziert man die Dosis. Man könne Magnesium unbesorgt über längere Zeit einsetzen.
Bei Venenbeschwerden, aber auch Schwellungen an anderen Gliedmassen wirken äusserliche Anwendungen lindernd. Ackerschachtelhalm-Tee bietet sich für kühlende Umschläge an. Man tränkt mit dem abgekühlten Tee ein Tuch und legt es auf den geschwollenen Bereich.
Ein naturheilkundlicher Klassiker gegen Ödeme ist die Kohlauflage: Dazu schneidet man die Mittelrippe aus Weisskohlblättern heraus und walzt die Blätter mit einem Nudelholz bis Flüssigkeit austritt. Dann legt man sie auf die betroffene Stelle.
Spannt die Haut bei Schwellungen unangenehm, wirkt eine Auflage mit Quark oder einer aus Heilerde und Wasser angerührten Paste schmerzlindernd.
Gegen verdickte Augenlider platziert man auf die geschlossenen Lider je eine Gurkenscheibe oder einen Teebeutel, mit dem man schwarzen Tee zubereitet hat. Legen Sie diesen vor der Anwendung kurz in den Kühlschrank.
Ein sanftes, aber effektives Heilmittel ist Wasser: So lassen sich Schwellungen mit wechselwarmen kneippschen Güssen reduzieren, die man im eigenen Badezimmer anwenden kann. Sind die Beine betroffen, beginnt man mit lauwarmem Wasser an den Zehen des rechten Fusses und wandert mit dem Wasserstrahl an der Aussenseite des Beines bis kurz über die Kniekehle. Dort bewegt man den Strahl etwa fünf Sekunden lang und führt ihn über die Kniescheibe nach innen und hinunter bis zur Ferse. Das Gleiche erfolgt am linken Bein. Anschliessend wird der Unterschenkel kurz mit kaltem Wasser begossen und die Prozedur einmal wiederholt. Bei Brustspannen helfen kreisförmig massierende kalte Güsse auf dem Busen.
Zusätzlich rät Dr. Güdel, bei Ödemen schwimmen zu gehen: «Der Druck, den das Wasser auf den Körper ausübt, ist grösser als der Druck im Gewebe», erklärt sie. «Dies regt die Ausscheidung von Wasser an.» Deutliches Zeichen dafür sei, dass man nach dem Bad schnell eine volle Blase habe.