Zwischen 2007 und 2016 hat sich in der Schweiz die Zahl der werdenden Väter über 50 Jahren um mehr als 40 Prozent erhöht. Bei den verheirateten Neu-Vätern liegt die Steigerung bei mehr als 200 Prozent in den vergangenen 30 Jahren (Quelle: Bundesamt für Statistik). Eine allgemein höhere Lebenserwartung sowie die demografische Bevölkerungsentwicklung begründen diesen Trend. Die spannende Frage: Sind die älteren sogar die besseren Daddys?
Text: Axel Ringewaldt
Für die «Spätzeuger» spricht eindeutig deren Lebenserfahrung. Sie haben zumeist eine gesicherte berufliche Existenz und die Karriere-Überholspur verlassen. Das erlaubt ihnen, die alltäglichen Herausforderungen mit einer gewissen Leichtigkeit anzunehmen. Umso bewusster und auch intensiver sind sie in der Lage, sich dem Nachwuchs zu widmen; auch und gerade, wenn es einmal hektisch wird. Aus Sicht der neugeborenen Kinder ist die grössere soziale Sicherheit, unter der sie heranwachsen, sehr positiv. Und auf die kommt es vor allem an.
Dennoch, auch mit den Nachteilen einer späten Vaterschaft sollten sich Betroffene auseinandersetzen. «Bist du aber egoistisch» ist nur eine der Bemerkungen, mit denen werdende Papis im fortgeschrittenen Alter nicht selten konfrontiert werden. Denn ebenso wie Frauen in gleicher Situation haben auch sie oft mit Vorurteilen zu kämpfen. Angespielt wird häufig auf die verringerte gemeinsame Lebenszeit mit dem neugeborenen Sprössling. Dazu die Sorge, ob man als «reiferer» Mann überhaupt noch mit dem Nachwuchs Schritt halten kann oder sich, eher früher als später, das Kind mehr um den Vater kümmern muss als anders herum. Dem kann wiederum entgegengehalten werden, dass durch eine späte Vaterschaft das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt wird. Väter spielen mit dem Nachwuchs im Sandkasten, gehen spazieren oder zum Fussball, kurz: Sie sind deutlich aktiver als Nicht-Väter und achten verstärkt auf gesunde Ernährung.
Gerne werden wissenschaftliche Studien ins Feld geführt, nach denen Kinder älterer Väter häufiger von genetischen und anderen Erkrankungen betroffen sind. Unterschlagen wird dabei, dass die Risiken nur unbedeutend grösser sind als bei Männern jüngeren Alters. Und wie bei allem im Leben gibt es stets ein Restrisiko.
Nicht zu leugnen ist dagegen die Stigmatisierung, der sich der Nachwuchs selbst ausgesetzt sieht. Mit zunehmendem Alter werden sie kommen, die Anspielungen und Bemerkungen. Gerade für Teenager kann es schnell zur Belastung werden, wenn der eigene Vater ständig für den Grossvater gehalten wird. Darauf kann und muss man sich und die Kinder vorbereiten und offen darüber kommunizieren.
Ob nun jung oder alt, ob erstmalig oder mit einem «Nachzügler», ob geplant oder ungeplant: Wer Vater wird, sollte sich über die grosse Verantwortung bewusst sein. Gemeinsam mit der Mutter wird er für das Kind da sein müssen. Dazu gehört, vor allem als älterer Vater, sich damit auseinanderzusetzen, wie es weitergeht, wenn man pflegebedürftig wird oder gar plötzlich verstirbt.
Sind ältere Väter nun die besseren Papis? Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht. Sicherlich wird es kein optimales Motiv für eine späte Vaterschaft sein, sich oder anderen zu beweisen, wie fit und junggeblieben man doch ist. Wer im gesetzteren Alter aus Liebe Nachwuchs zeugt und sich als beschützender Papi engagiert, ist für seine Sprösslinge unendlich wertvoll – da spielt es auch keine Rolle, wie alt er ist.