Viele schwören auf den ganzheitlichen Effekt für die Gesundheit beim Basenfasten, Heilfasten oder Fastenwandern. Neu im Trend liegt das Intervallfasten, das abwechselnd Genuss und Verzicht verspricht. Diese Art des Fastens ist jedoch nicht – wie eine Kur – zeitlich begrenzt, sondern kann im Idealfall lebenslang durchgeführt werden.
Autorin: Ingrid Zehnder
Man hat die Wahl zwischen verschiedenen Varianten, die zum Alltagsleben passen und je nach individuellem Lebensstil vermutlich am leichtesten fallen. Bei den klassichen Fastenmethoden werden mehrtägige bis mehrwöchige Kuren absolviert, die zum Teil nur stationär und unter ärztlicher Aufsicht stattfinden sollten. Man ernährt sich von Saft, Tee, Suppe, Salat oder auch trockenen Brötchen und Milch. Ärztinnen, Ernährungswissenschaftler und Biologinnen haben in den letzten Jahren zahlreiche Nachweise dafür gefunden, dass auch kurze Fastenphasen der Gesundheit zugute kommen.
Intervallfasten (auch intermittierendes Fasten genannt) führt auf Dauer dazu, dass sich die Biochemie im Körper verändert – und zwar günstig. Der Zucker- und Fettstoffwechsel verbessert sich, hoher Blutdruck sinkt, Cholesterin- und Entzündungswerte gehen zurück und die Widerstandskraft gegen oxidativen Stress wächst. Vorbeugend wirkt Intervallfasten gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes Typ 2; selbst ein beginnender Diabetes soll sich so therapieren lassen.
Viele Intervallfastende berichten, dass sie nach einer Eingewöhnungszeit besser schlafen und sich morgens – auch ohne Frühstück – vitaler und konzentrierter fühlen als zuvor.
Neben vielen positiven Effekten des Fastens, gilt es offenbar einige Abstriche zu machen. Denn einer neuen Studie der Icahn School of Medicine am Mount Sinai Hospital zufolge kann Fasten die Infektionsabwehr beeinträchtigen – zumindest bei Mäusen. Die Studie sei eine der ersten, die zeige, dass das Auslassen des Frühstücks im Gehirn eine Reaktion auslöse, die sich negativ auf Immunzellen auswirke, erklärt Hauptautor Prof. Filip Swirski. Bei Mäusen, die ohne Frühstück in den Tag starten mussten, waren schon nach vier Stunden 90 Prozent der Monozyten aus dem Blutkreislauf verschwunden. Wie das Team feststellte, waren die Zellen ins Knochenmark gewandert und in den Ruhezustand gewechselt. Weniger neue Monozyten wurden hergestellt, dafür lebten jene, die sich im Knochenmark «ausruhten», länger und alterten anders.
Nach 24-stündigem Essensentzug gab das Forschungsteam den Mäusen wieder Nahrung. Binnen weniger Stunden wurden ihre pausierenden Monozyten wieder aktiv und verteilten sich im Blutkreislauf. Ihr Anstieg im Blut sorgte jedoch für einen erhöhten Entzündungsgrad: Statt bei Infektionen zu schützen, förderten die veränderten Monozyten Entzündungen. Damit wurde der Körper weniger widerstandsfähig im Kampf gegen Krankheitserreger.
Inwieweit sich diese Forschungsergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, ist noch offen. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass die Studie zu den ersten Arbeiten gehört, die zeigen, dass Gehirn und Immunzellen hier im Dialog stehen: Fasten löst eine Stressreaktion im Kopf aus, so die Forscher.
Das Zauberwort heisst Autophagie. Darunter versteht man Abbau- und Reinigungsprozesse in den Zellen. Dabei werden defekte und funktionslose Zellbestandteile herausgefiltert und aus dem Verkehr gezogen. Ohne diese „Müllabfuhr“ würde der Schrott in den Zellen überhandnehmen und auch eindringende Mikroorganismen wie Viren und Bakterien könnten nicht bekämpft werden. Ausgelöst wird die Autophagie vor allem durch Nahrungsmangel. In der Fastenphase sind die Zellen in den verschiedenen Organen gezwungen, auf ihre eigenen Depots zurückzugreifen. Dabei vernichten sie einerseits alte, geschädigte Bestandteile sowie Giftstoffe und verwenden andererseits noch verwertbare Teile wieder.
Bei Infektionen, der Entstehung von Tumoren und Alterungsprozessen kommt der Autophagie eine lebenswichtige Rolle zu.
Dem Biochemiker Prof. Frank Madeo (der selbst jeden zweiten Tag fastet) und seinem Team ist es erstmals gelungen, Autophagie im Blut zu messen. Er sagt: „Es gibt tausende, wenn nicht zehntausende unterschiedliche Formen von Müll, bestimmte Substrate gehen schneller weg, andere langsamer. Das kann von einer Stunde bis zehn, zwanzig Stunden dauern … Wir wissen das noch nicht. Nach 24 Stunden (Fasten) ist es jedoch sicher.“ Immerhin gehen die Forscher davon aus, dass nach fünfzehn, sechzehn Stunden ein grosser Teil des Zellmülls beseitigt sei.
Intervallfasten gilt nicht in erster Linie als Diät. Doch wer in den Essensphasen nur zwei Mahlzeiten zu sich nimmt, z.B. Mittag- und Abendessen, braucht nicht zu verzichten und muss keine Kalorien zählen – und nimmt trotzdem ab. Die längeren Essenspausen bewegen den Körper dazu, seine Energiereserven zu nutzen: erst das Glykogen (in der Leber und in den Muskeln gespeicherter Zucker), anschliessend die Fettpolster.
Einige Untersuchungen weisen darauf hin, dass besonders das schädliche Bauchfett schmilzt. Allerdings sollte man in den Essenszeiten nicht dauernd zwischendurch futtern, denn dann steigt der Blutzuckerspiegel wieder, der Fettabbau wird gestoppt. Unter Umständen stellen sich dann Heisshungerattacken ein.
Manche Berichte zum Intervallfasten legen nahe, dass diejenigen, die über Monate hinweg eine tägliche Mahlzeit auslassen, sich tendenziell bewusster ernähren und auch weniger essen. Andere Untersuchungen zeigen, dass die Betroffenen zehn bis fünfzehn Prozent mehr essen als normal, aber deswegen nicht an Gewicht zulegen.
Eine Studie der University of Illinois, Chicago, von 2011 besagt zudem, dass beim Intervallfasten weniger Muskeln abgebaut werden als bei normalen Diäten, welche die Lebensgewohnheiten viel radikaler verändern als das Teilzeitfasten und daher oft den sogenannten Jojo-Effekt zur Folge haben.
Prinzipiell gilt alles bisher Gesagte in gleichem Masse für Männer und Frauen. Allerdings haben Frauen in und nach der Menopause häufiger mit Gewichts- und Schlafproblemen zu kämpfen. Und: Eigentlich sind Frauen durch körpereigene Hormone vor Herzproblemen und Schlaganfallrisiken geschützt – allerdings nur bis zu den Wechseljahren. Möglicherweise könnte eine Methode des periodischen Fastens zu besserer Schlafqualität und Herzgesundheit führen sowie vor unliebsamer Gewichtszunahme schützen.
Beim Intervallfasten kennt man zunächst die Variante 16:8. Sie ist für Einsteigerinnen und Anfänger besonders geeignet. Das bedeutet: 16 Stunden lang wird aufs Essen verzichtet, in den restlichen acht Stunden darf nach Herzenslust gegessen werden.
Frühstücksmuffel können so von sieben Uhr abends bis elf Uhr am nächsten Morgen fasten und anschliessend bis 19.00 Uhr am Abend essen. Das ist nur ein Beispiel. Die Zeiträume kann jeder ganz individuell gestalten. Wer nicht aufs Frühstück verzichten will oder kann, lässt vielleicht lieber das Abendessen aus. Dann könnte die 16-stündige Zeit des Fastens zwischen 16.00 Uhr und 8 Uhr morgens liegen. Wichtig ist nur, dass die 16 Stunden ohne Essen eingehalten werden. Vorteilhaft ist selbstverständlich, die Nachtstunden einzubeziehen.
Ohne Essen heisst: gar nichts zwischendurch – nix zum Naschen oder Knabbern, kein Obst, kein Alkohol und keine süssen Getränke. Hingegen soll man viel trinken: Wasser, Tee oder auch schwarzen Kaffee, um morgens munter zu werden.
Wichtig dabei ist, dass man sein gewähltes Kurzzeitfasten regelmässig beibehält und nicht etwa häufiger zwischen dem Auslassen des Frühstücks bzw. des Abendessens wechselt. Denn der Körper gewöhnt sich an den Rhythmus und hat nach einer bis zwei Wochen gelernt, dass es beispielsweise nichts zum Frühstück gibt. Erfahrene Intervallfastende bezeugen, dass man dann auch keinen Hunger mehr spüre.
Eine zweite Variante des Intervallfastens nennt sich 5:2 und besteht darin, fünf Tage lang normal zu essen und an zwei Tagen zu fasten. Wer sich mit den Fastentagen schwer tut, kann maximal 500 Kilokalorien für Frauen und 600 für Männer (pro Tag) zu sich nehmen. Die Fastentage können direkt aufeinanderfolgen, aber auch auseinanderliegen. Wählt man etwa den Montag und den Donnerstag zu Fastentagen, sollte man idealerweise regelmässig dabei bleiben. An den anderen Tagen wird nach Belieben gegessen. Wer allerdings nicht zunehmen möchte, sollte „schlechtes“, zuckerreiches Essen mit unzähligen Kalorien beiseite lassen.
Die dritte Variante nennt sich 1: 1 (in Österreich auch 10in2 genannt). Das heisst: Man fastet 24 Stunden lang mit 500 Kilokalorien für Frauen und 600 für Männer und isst am folgenden Tag normal – und dies im Wechsel. Zu dieser Art des Fastens war seit 2016 eine umfassende Studie im Gang, deren Ergebnisse zeigen, dass das Intervallfasten nach vier Wochen neben einer Gewichtsreduktion auch auf viele Gesundheitsindikatoren, wie etwa Cholesterin, Blutdruck, Bauchfett oder Entzündungsparameter einen positiven Einfluss hatte. Die Studie „InterFAST“ entstand in Zusammenarbeit von Prof. Frank Madeo von der Karl-Franzens-Universität und Prof. Dr. med. Thomas Pieper von der Medizinischen Universität Graz. «Bereits innerhalb von vier Wochen haben die StudienteilnehmerInnen im Schnitt rund 3,5 Kilogramm Körpergewicht reduziert, wobei das mittlere Ausgangsgewicht bei 76 Kilogramm lag», so Pieper.
Jeden zweiten Tag aufs Essen zu verzichten, kostet vermutlich die grösste Überwindung und wird nicht leicht auf Dauer durchzuhalten sein.
Prinzipiell sollte man sich an das gewählte Ernährungskonzept halten – besonders in der Anfangszeit. Fanatisch muss man aber nicht sein. Ausnahmen, welche das soziale Miteinander und die Lebensfreude fördern, sind hin und wieder gestattet. Mit anderen Worten: Ist man in einer eigentlich dem Fasten vorbehaltenen Zeit zum Brunch oder Abendessen eingeladen, muss man nicht unbedingt absagen.
Der berüchtigte Jojo-Effekt ist zu erklären: In der strengen Diätzeit hat der Körper weniger Kalorien bekommen als er für seine Gewebezellen braucht. Was macht er? Er schaltet auf Sparflamme um. Das bedeutet, jede zugeführte Energie (Kalorie) wird maximal ausgenützt, der ganze Stoffwechsel «heruntergefahren». Bekommt der Körper dann wieder Nahrung, braucht der Körper lange, um sein Notprogramm wieder abzustellen. Gnadenlos wird jede Kalorie in Speicherfett oder Energie umgewandelt. Deshalb können stark kalorienreduzierte Diäten auf Dauer kein Erfolgsprogramm sein.
Ein neues Gefühl für den Körper zu gewinnen, hilft mehr als eine neue Diät oder Entschlackungskur. Von Diäten und dem Jo-Jo-Effekt
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