Die Lebenserwartung von Frauen ist höher denn je. Und so stehen sie noch mitten im Arbeitsleben, wenn menopausale Symptome ihren Alltag beeinträchtigen. Darüber gesprochen wurde bisher viel zu wenig. Doch die Thematik ist wichtig. Zunehmend erkennen das auch grosse Wirtschaftsunternehmen.
Autorin: Andrea Pauli
Fast die Hälfte (47 Prozent) der berufstätigen Frauen zwischen 45 und 60 Jahren mit entsprechenden Beschwerden stimmen zu: Die Wechseljahre beeinträchtigen ihre Arbeit. Bei berufstätigen Frauen, die zusätzlich familiäre Pflegeaufgaben wahrnehmen, sind es sogar 60 Prozent. Das ergab eine umfangreiche Untersuchung, die das unabhängige Forschungsinstitut Markteffect für A.Vogel Niederlande durchführte.*
Bislang waren Wechseljahrbeschwerden meist «Privatsache». 59 Prozent der betroffenen Frauen spricht mit niemanden am Arbeitsplatz darüber, so das Ergebnis der niederländischen Untersuchung. Wenn frau sich äussert, dann hauptsächlich gegenüber Kolleginnen (38 Prozent). Nur ein kleiner Teil wendet sich mit dem Thema an ihre Vorgesetzten (5 Prozent). Die Personalabteilung zog fast keine der befragten Frauen zurate. Bei acht von zehn Frauen, deren Arbeit von menopausalen Symptomen beeinträchtigt ist, wird am Arbeitsplatz nicht nach Lösungen gesucht.
Zu ähnlichen Einschätzungen kommt man in ganz Europa. In Grossbritannien nehmen sich mittlerweile immer mehr öffentliche Einrichtungen und Unternehmen des Themas an. Es werden Kampagnen gestartet, um Wissen zu vermitteln – bei Vorgesetzten wie auch bei Kollegen. In Grossbritannien sei aus dem Bedürfnis, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen, so etwas wie eine Bewegung geworden, konstatiert Claire Hardy, Dozentin für Arbeitspsychologie an der Universität Lancaster.
Denn menopausale Symptome wie Schweissausbrüche, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder gar Depressionen sind auch konjunkturell relevant – nicht selten kommt es zu einem Ausstieg aus dem Berufsleben aufgrund der Beschwerden. Das bestätigt Deborah Garlick, Geschäftsführerin von «Henpicked: Menopause in the Workplace». Jede vierte Frau in der Altersgruppe erwäge, den Beruf aufgrund der Wechseljahrbeschwerden aufzugeben. Einige würden sich für den Ruhestand entscheiden, viele die Arbeitszeit reduzieren oder schlechter bezahlte Jobs annehmen, da sie sich dem Job nicht gewachsen bzw. am Arbeitsplatz nicht verstanden fühlen.
Interessant ist auch, dass für die meisten Frauen die Chance zum Aufstieg ins Management mit dem Übergang zu den Wechseljahren zusammenfällt – und sie in verantwortlicher Position dann umso mehr kämpfen müssen.
Der britische Berufsverband der Personalverantwortlichen, das Chartered Institute of Personnel and Development, hat mittlerweile einen Leitfaden veröffentlicht, der praktische Tipps zur möglichen Anpassung von Schichtplänen, zu Ventilatoren am Arbeitsplatz, ausreichend Trinkwasser und Umkleiden enthält. Inzwischen können sich Arbeitgeber sogar als «menopause friendly» zertifizieren lassen. Daran können sich Unternehmen weltweit ein Beispiel nehmen.