In der Volksmedizin Griechenlands und der Balkanländer hat die gelblühende Pflanze einen festen Platz. Hoffnungen macht sie auch bei der Alzheimer-Prävention.
Autor: Heinz Scholz
Bekannt sind bislang 150 Arten, allesamt im Mittelmeerraum beheimatet. Die Unterscheidung ist nicht immer einfach, berichtet Dr. Klaus Peter Latté vom Landeslabor Berlin-Brandenburg, denn Sideritis-Arten neigen zur Bildung von Hybriden. Die wichtigste und gebräuchlichste ist Sideritis scardica.
Teezubereitungen der Stängel mit Blüten werden schon lange in der Volksmedizin genutzt, so bei Magen-Darm-Beschwerden, Atemwegserkrankungen und als stärkendes und immunsteigerndes Getränk. Für Hirten und Bauern ist der koffeinfreie Trunk sehr beliebt. Sie konsumieren den Griechischen Bergtee abendlich zur Entspannung. Die Bulgaren sind überzeugt, dass der Tee die Gesundheit erhält, weshalb er «Langlebigkeitstee» genannt wird.
Die Pflanze enthält eine Vielzahl von Inhaltsstoffen. Je nach Standort wurden bis 100 verschiedene Bestandteile ermittelt. In der Pflanze identifizierte man rund 40 Flavone, so der Pharmazeut Dr. Latté. Weitere Inhaltsstoffe sind Polyphenole, Mineralstoffe und Spurenelemente, Antioxidantien, Bitterstoffe und Gerbstoffe.
Da es an klinischen Studien noch mangelt, wurde der Griechische Bergtee 2016 vom europäischen Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) als «traditionelles pflanzliches Arzneimittel» eingestuft, nicht aber als Arzneimittel. Die Wirksamkeit ist für zwei Anwendungsbereiche gesichert: Husten, verursacht durch Erkältungskrankheiten, sowie leichte Magen-Darm-Beschwerden.
Der Erfahrungsheilkunde (Verwendung in der traditionellen Medizin) zufolge wird der Tee verwendet bei Asthma, Bronchitis, Husten, Magen-Darm-Beschwerden, Nieren- und Prostataentzündung, rheumatischen Beschwerden, als Antiseptikum bei offenen Wunden im Mundbereich, bei Geschwüren, zur Entspannung, zur Stärkung des Immunsystems und zur Stimmungsaufhellung.
Publiziert wurde bereits eine ganze Reihe von Forschungsergebnissen. So soll der Bergtee bei Alzheimer, Depressionen, Angststörungen, Schlafstörungen, Gedächtnisstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) und gegen Unruhezustände helfen.
«Die meisten der Wirkungen sind aufgrund der fehlenden Erfahrung bei der Anwendung am Menschen sehr kritisch zu sehen», erklärt allerdings Dr. Klaus Peter Latté in der «Zeitschrift für Phytotherapie».
«Sollten weitere klinische Studien die bisherigen Erkenntnisse untermauern, könnte Sideritis scardica therapeutisch unterstützend eingesetzt werden», schätzt Heilpflanzenexpertin Ursula Bühring aus Freiburg die Lage ein.
In Tier- und Zellstudien mit Extrakten und isolierten Einzelstoffen stellte man antioxidative, entzündungshemmende, antimikrobielle und osteoprotektive Wirkungen fest. Eine magenschützende Wirkung und positive Wirkungen auf die Gehirnfunktion wurde bei Wistar-Ratten gesehen. Ein Extrakt könnte in Zukunft auch positiv bei Demenz und Alzheimer wirken. «Durch neue Studien avanciert Bergtee zum Hoffnungsträger. Es müssen weitere grössere klinische Studien folgen, um die bisherigen Erkenntnisse zu untermauern und weitere Therapieempfehlungen geben zu können», stellt die Diplom-Biologin Dr. Stefanie Burkhardt-Sischka fest.
Seit mehr als 25 Jahren forscht Prof. Jens Pahnke, tätig an den Universitäten in Oslo, Lübeck, Riga und Tel Aviv, zu den Transportmolekülen im Gehirn, insbesondere deren Funktion bei der Alzheimer-Demenz. Seine Erkenntnis: Eine positive Beeinflussung dieser Transporter könnte auch durch Naturheilmittel erfolgen. So konnte Prof. Pahnke im Maus-Modell die Plaque-Ablagerungen vor und nach Anwendung mit Griechischem-Bergtee-Extrakt dokumentieren und die klinischen Verbesserungen nachweisen. Nach einer 50-tägigen Anwendung waren die typischen Plaque-Ablagerungen im Mäusegehirn um 80 Prozent zurückgegangen.
Untersuchungen der letzten zehn Jahre zur Anwendung beim Menschen zeigen, dass eine Wirkung auch bei Patienten mit Alzheimer wahrscheinlich ist. Man kann zwar die Alzheimer-Demenz nicht heilen, jedoch den Zustand der Patienten offenbar langfristig verbessern.
In einer klinischen Studie von Dr. Emma L. Wightman 2018, an der 155 gesunde 50 bis 70 Jahre alte Menschen teilnahmen, konnte nach einer vierwöchigen Anwendung eines Extraktes aus Sideritis scardica eine deutliche Verbesserung der kognitiven Leistungen (Gedächtnis, Denkvermögen, Lernen) im Vergleich zu einem Ginkgo-Extrakt sowie zu Placebo beobachtet werden.
Vielversprechend zeigt sich eine Kombination von Extrakten aus Johanniskraut und Griechischem Bergtee. Johanniskraut transportiert die Ablagerungen im Nervengewebe (Plaques) im Gehirn ab, die vom Griechischen Bergee aufgelöst wurden – ein entscheidendes Zusammenspiel.
Bisher sind bei moderatem Genuss von Griechischem Bergtee keine Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bekannt.
Wer unter einer Überempfindlichkeit auf Lippenblütler leidet, sollte den Tee nicht geniessen. Das gilt auch für Schwangere, Stillende und Kinder, da zu dieser Gruppe noch keine entsprechenden Studien vorliegen.
Zuletzt aktualisiert: 27-11-2023