Wer ist das stärkere Geschlecht, wenn es darum geht, mit einer einfachen Erkältung fertig zu werden? Sind es die starken Männer, die sich von einem kleinen Schnupfen nicht gleich aus der Bahn werfen lassen? Oder sind eventuell Frauen besser auf den Umgang mit körperlichen Unannehmlichkeiten vorbereitet?
Eine britische Studie aus dem Jahr 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass Männer Fieber intensiver empfinden als Frauen. Verantwortlich sollen Temperaturrezeptoren im Gehirn sein, die bei Männern in grösserer Anzahl vorhanden sind. Demnach fühlen sich Männer bei gleicher Erkältungsschwere unwohler als Frauen. So viel «Feingefühl» hätte so manche Frau bei ihrem Partner gar nicht vermutet. Für viele Briten hingegen war das Studienergebnis nur die überfällige wissenschaftliche Bestätigung der Existenz der «Man Flu». An dieser Krankheit leiden im englischen Volksmund Männer, die an ihren Erkältungssymptomen leiden wie an einer echten Grippe.
Doch damit noch nicht genug: Das männliche Immunsystem reagiert im Geschlechtervergleich weniger effektiv als das weibliche. Schuld daran ist ausgerechnet das für Sexualtrieb und Maskulinität verantworliche «Männer-Hormon» Testosteron. Als Immundämpfer wirkt Testosteron durch seinen Einfluss auf eine Gruppe von Genen, die an einer verminderten Immunantwort beteiligt sein sollen. Das hat ein Team der Stanford-Universität in Kalifornien bei Tests mit Grippe-Impfungen festgestellt.
Dies bestätigen auch Forscher der Uni Innsbruck und des Heinrich-Pette-Institutes in Hamburg. Das weibliche Hormon Östrogen stimuliert die Vermehrung spezifischer Immunzellen, das männliche Hormon Testosteron wirkt sich genau gegenteilig aus. Das Immunsystem von Frauen reagiert deshalb schneller und aggressiver gegen Krankheitserreger als das von Männern.
Doch es spielen auch Faktoren eine Rolle, die nicht unbedingt biologisch begründet sind, sondern sich auf Verhalten und Umwelt beziehen. Männer leben nach wie vor risikoreicher und ernähren sich ungesünder, so Beatrix Grubeck-Loebenstein, Immunologin an der Universität Innsbruck.
Befragt man hingegen die Suchmaschine Google, zeigt sich ein anderes Bild: 2.160 Ergebnistreffer liefert die Suchanfrage «Frauen leiden mehr» – und nur 981 das maskuline Pendant «Männer leiden mehr» (Stand: 28.10.2015). Allerdings kaum bei Erkältungen: Denn es fällt bereits bei den ersten Treffern auf, dass es bei den «Frauen-Treffern» in erster Linie um Herzschmerz und weniger um körperliche Leiden geht.