Autorin: Dr. Silke Kerscher-Hack
Als Influenza oder echte Grippe wird eine Infektion mit dem Influenza- bzw. Grippe-Virus bezeichnet, die zu hohem Fieber, schweren Kopf-, Glieder- und Rückenschmerzen sowie trockenem Reizhusten führen kann. Im Unterschied zu Erkältungen oder grippalen Infekten beginnt sie plötzlich mit heftigen Beschwerden, die länger anhalten, und betrifft den gesamten Körper. Influenza-Viren vermehren sich sehr schnell und schädigen dadurch die Schleimhaut der Atemwege. Gleichzeitig schwächen sie die Abwehrkräfte des Körpers und machen diesen anfällig für Komplikationen.
Grippewellen breiten sich normalerweise in den Monaten Dezember bis April aus, da die Wetterbedingungen ihre Übertragung begünstigen: die Grippe-Viren sind bei niedriger Luftfeuchtigkeit und Kälte stabiler. Durch Heizungsluft ausgetrocknete Schleimhäute, ein im Vergleich zum Sommer schwächeres Immunsystem sowie der häufigere Aufenthalt mit anderen Menschen in wenig belüfteten Räumen erhöhen zudem die Ansteckungsrate.
Eine Erkrankung mit Influenz-Viren kann unterschiedlich schwer verlaufen: Von völlig symptomlosen Infektionen (ein Drittel der Infizierten) über leichte Erkrankungsformen (ein Drittel der Infizierten) bis hin zu sehr schweren und sogar tödlichen Verläufen (ein Drittel der Infizierten) ist alles möglich. Für einen an sich gesunden Menschen mit einem intakten Immunsystem ist eine Influenza-Erkrankung jedoch normalerweise nicht lebensgefährlich.
Typischerweise beginnt die echte Grippe nach einer Inkubationszeit von ein bis zwei Tagen plötzlich mit:
Nicht immer treten alle Krankheitszeichen auf, da jeder Mensch anders auf eine Grippe-Infektion reagiert. Bei älteren Menschen ähneln die Beschwerden oftmals einer Erkältung und Kinder können auch an Erbrechen und Durchfall leiden.
Auslöser der Grippe-Erkrankung ist der Influenza-Virus A und B. Beide Typen, insbesondere jedoch Typ A, sind veränderlich. Vor allem die beiden Eiweissstoffe Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) auf der Erregeroberfläche, mit deren Hilfe das Virus in die Körperzellen eindringt, verändern (mutieren) sich stetig ein wenig, so dass das menschliche Immunsystem das Virus bei einer erneuten Infektion nicht mehr erkennt.
Derzeit sind vom Influenza-Virus A 18 Hämagglutinin- und 11 Neuraminidasevarianten bekannt. Bezeichnet werden diese verschiedenen Subtypen nach den Anfangsbuchstaben der beiden Eiweisse auf der Oberfläche. Der Erreger der Vogelgrippe wird beispielsweise Influenza A (H5N1) genannt und jener der Schweinegrippe Influenza A (H1N1). Ein Subtyp von H1N1 war auch der Auslöser der Spanischen Grippe.
Übertragen werden die Viren direkt oder durch Tröpfcheninfektion, d. h. beim Niesen, Husten oder Sprechen gelangen Viren zusammen mit kleinen Tröpfchen aus dem Nasen-Rachen-Raum in die Luft und können von anderen Personen eingeatmet werden. Da die Erreger bis zu mehreren Stunden ausserhalb des Körpers überleben können, ist auch eine Infektion durch mit dem Erreger verunreinigte Gegenstände (z. B. Türklinken) oder durch Händeschütteln und anschliessendem Anfassen, z. B. der Nase, möglich.
An der Wirtszelle angekommen, binden die Viren – über den Eiweissstoff Hämagglutinin in ihrer Hülle – an die Oberfläche der Zelle. Anschliessend schleusen sie ihre Erbinformation ein. Die Wirtszelle produziert nun so lange neue Viren, bis die Neuraminidase die Zellmembran der Wirtszelle zerstört und die Viren freigesetzt werden. Bis zu 100 000 Viren können so an einem Tag hergestellt werden.
Die Behandlung einer Grippe-Infektion erfolgt vorwiegend symptomatisch, d.h., die verabreichten Arzneimittel orientieren sich an den vorhandenen Beschwerden. Fiebersenkende Mittel (Antipyretika) beispielsweise helfen bei hohem Fieber, Schmerzmittel (Analgetika) lindern Glieder- und Kopfschmerzen und Antibiotika kommen bei bakteriellen Sekundärinfektionen (aber nicht gegen die Grippe an sich!) infrage.
Wichtig: Bei Kindern und Jugendlichen unter 12 Jahren darf im Falle einer Grippeinfektion keine Acetylsalicylsäure gegeben werden, da sonst gefährliche Leber- und Gehirnschäden drohen (Reye Syndrom).
Bei Risikogruppen kann die Gabe von antiviralen Medikamenten, welche die Virusvermehrung hemmen, sinnvoll sein. Diese können den Krankheitsverlauf abschwächen. Möglich sind:
Um nach einer Grippe-Infektion schnell wieder auf die Beine zu kommen, sollte man
Begleitend zur medikamentösen Therapie können auch folgende Hausmittel eingesetzt werden, um Beschwerden einer Influenza zu lindern:
Nicht jedes Hausmittel ist für jeden geeignet. Aus diesem Grund ist es ratsam, vor der ersten Anwendung mit dem behandelnden Arzt Rücksprache zu halten.
Influenza-Viren breiten sich sehr häufig über Lunge, Gehirn und Herz aus und können im Prinzip jedes Organ schädigen. Folgende Komplikationen können auftreten:
Bakterielle Superinfektionen, da Bakterien über die geschädigte Atemwegsschleimhaut ungehindert eindringen können. Zu nennen sind hier:
Des Weiteren sind möglich:
Normalerweise ist ein Arztbesuch bei Verdacht auf Influenza immer ratsam. Insbesondere, wenn bereits andere Krankheiten bestehen, die das Risiko für Komplikationen erhöhen (z. B. chronische Lungenerkrankungen), oder wenn der Erkrankte Kontakt zu Menschen mit erhöhtem Risiko hat, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Dies gilt auch, wenn sich die Beschwerden verschlimmern oder das Fieber über 39 °C liegt bzw. lange anhält.
Eine Grippe-Infektion kann so schwer verlaufen, dass sie innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen kann. Gefährdet sind insbesondere Säuglinge und Kleinkinder, weil bei ihnen das Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift ist. Ebenso sind Personen über 60 Jahren aufgrund eines schwächeren Abwehrsystems durch eine saisonale Grippe und mögliche Komplikationen besonders gefährdet. Ebenfalls ein höheres Risiko haben Schwangere, Menschen mit Vorerkrankungen der Atemwege, der Niere oder des Herzens sowie immungeschwächte Personen.
Vorbeugende Massnahmen sind:
Eine Grippe-Infektion kann bei Kindern völlig untypisch verlaufen. Mögliche Beschwerden sind:
Aufgrund des noch nicht ausgereiften Immunsystems haben Kinder ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe einer Influenza. In Folge einer Infektion mit Influenza-Viren erkranken sie häufig an einer bakteriellen Superinfektion, wie z. B. einer Mittelohr-, Nebenhöhlen- oder Lungenentzündung, oder erleiden Pseudokrupp-Anfälle. Bei gleichzeitiger Einnahme von Acetylsalicylsäure besteht die Gefahr eines Reye-Syndroms, einer schweren Erkrankung von Gehirn und Leber.
Bei schwangeren Frauen ist die Immunabwehr weniger aktiv, um das ungeborene Kind nicht anzugreifen.
„Grippe" und „grippaler Infekt" werden häufig synonym verwendet – auch wegen der teilweise ähnlichen Beschwerden. Eine Grippe ist jedoch eine deutlich schwerere Erkrankung als ein grippaler Infekt. Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede:
Internet:
https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Influenza/FAQ02.html (Abruf: 07.10.2021)
https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/grippe-influenza.html (Abruf: 07.10.2021)
https://flexikon.doccheck.com/de/Influenza (Abruf: 07.10.2021)
https://www.lungenaerzte-im-netz.de/krankheiten/grippe (Abruf: 07.10.2021)
https://www.impfen-info.de/grippeimpfung (Abruf: 07.10.2021)
https://www.infovac.ch/de/impfunge/nach-krankheiten-geordnet/grippe (Abruf: 07.10.2021)
https://www.gesundheitsinformation.de/grippe.html (Abruf: 07.10.2021)
https://www.gesundheitsinformation.de/heuschnupfen-oder-covid-19-wie-unterscheiden-sich-die-beschwerden.html (Abruf: 07.10.2021)
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/influenza.html (Abruf: 07.10.2021)
https://www.euro.who.int/de/health-topics/communicable-diseases/influenza/news/news/2014/10/influenza-common-questions-answered (Abruf: 07.10.2021)
https://www.netdoktor.de/krankheiten/erkaeltung/hausmittel-gegen-erkaeltung/ (Abruf: 07.10.2021)
https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/was-kann-man-gegen-eine-grippe-tun-734131.html (Abruf: 07.10.2021)
PDF:
https://www.infovac.ch/docs/public/influenza/2-fakten-impfung-saisonale-grippe.pdf
https://www.ema.europa.eu/en/documents/overview/xofluza-epar-medicine-overview_de.pdf
Bücher:
Richter: Lehrbuch für Heilpraktiker, Elsevier, 9. Auflage (2015)
Pflege heute, Elsevier, 6. Auflage (2014)
Buchta, Höper, Sönnichsen: Das Hammerexamen, Elsevier, 2. Auflage (2008)
Böcker, Denk, Heitz, Höfler, Kreipe, Moch: Pathologie, Elsevier, 5. Auflage (2012)
Gebler,Kindl: Pharmazie für die Praxis, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 5. Auflage (2005)
Zuletzt aktualisiert: 05-10-2022