Was ist Getreidekaffee und woher kommt er? Und was macht den einzigartigen Geschmack von Kaffee aus Getreide und Früchten aus? Erfahren Sie mehr über den Ursprung und die Zubereitung von Getreidekaffee.
Im Gegensatz zum herkömmlichen Bohnenkaffee enthält Getreidekaffee kein Koffein und kann daher sowohl von Schwangeren als auch am Abend vor dem Schlafengehen getrunken werden. Rohstoffe sind Getreide und Früchte, wie z.B. Roggen, Weizen, Gerste, Malz, Feigen, Eicheln und Zichorie (auch als Wurzel der Wegwarte bezeichnet). Als Kaffee-Ersatz eignet sich im Grunde alles, was geröstet werden kann, also nicht nur Getreide, sondern auch Löwenzahn, Bohnen, Erdnüsse, Lupinen, Johannisbrot oder etwa Sojakerne. Der Geschmack von Getreidekaffee ist nicht weniger aromatisch als sein Pendant aus Bohnen: Beim Rösten der Rohstoffe entsteht ein ganz spezielles Röstaroma.
Kaffee aus Getreide und Früchten hat viele Namen und eine eigene, grosse Fan-Gemeinde, denn aus Pflanzen Getränke zuzubereiten, hat eine lange Tradition, z.B. in Ägpten. In Deutschland kam es im 18. Jahrhundert eher unfreiwillig zu einem Boom des löslichen Kaffees. Auf dem Luxusgetränk Bohnenkaffee lasteten hohe Einfuhrzölle aufgrund des Kaffeeverbots von Friedrich dem Grossen von 1780 und später wegen Knappheit durch Napoleons Kontinentalsperre gegen England (1806). Das Volk suchte nach preiswerteren Altenativen. Während Zichorie eine eher deutsche Erfindung ist, stammt der Kaffee aus Feigen aus Italien. Der Begriff Muckefuck leitet sich vom Französischen ab. Hier nannte man den «deutschen» Getreidekaffee «Mocca faux» (= falscher Kaffee), in deutschen Ohren klang das wie «Muckefuck».
Und wenn man sich die schöne Zichorien-Blüte ansieht, dann ist auch der Begriff Blümchenkaffee naheliegend. Ursprünglich wurde Getreidekaffee ausschliesslich aus Zichorienwurzeln – einer Verwandten unserer Chicoree-Pflanze – hergestellt und war dementsprechend bitter und gewöhnungsbedürftig. Heutzutage ist das salatähnliche Gewächs nur noch ein kleiner Bestandteil der vielseitigen Getreidekaffee-Spezialitäten.
Lange Zeit war er als Arme-Leute-Kaffee verpönt, doch seit einigen Jahren ist der vielseitige Getreidekaffee wieder salonfähig und ein echter Genuss. So vielfältig anwendbar wie normaler Bohnenkaffee aber mit einem entscheidenden Vorteil: Die gerösteten und gemahlenen Körner im Getreidekaffee sind für den Magen bekömmlicher, da er weniger Gerbstoffe enthält und statt sauer, schwach basisch wirkt.
Der leicht bittere Geschmack kommt von den z.B. in der Zichorie enthaltenen Bitterstoffen, die für eine Aktivierung von Galle und Leber sorgen. Ausserdem schützt Getreidekaffee vor einem überreizten vegetativen Nervensystem. Koffein wirkt wie ein Nervengift, es verhindert, dass der körpereigene Neurotransmitter Adenosin die Tätigkeit des Gehirns hemmt und wir müde werden können.
Koffeinfreier Getreidekaffee schont aber nicht nur Magen, Herz und Nerven sondern eignet sich auch wegen seiner Vielseitigkeit vorzüglich für Kinder. Im Laufe der Zeit wurden die Rezepturen immer mehr verfeinert, so dass bei den heutigen Mischungen Getreide den Hauptteil dieses Kaffees ausmacht, wobei neben Weizen, Roggen und Gerste auch Dinkel eingesetzt wird.
Wie bei der Verarbeitung von Kaffeebohnen sorgt erst die Röstung der Getreidekörner für den richtigen Geschmack und die Entfaltung des Aromas. So wird Getreidekaffee geröstet:
„Wer glaubt, er könne sich nicht an einen anderen Kaffee gewöhnen, er müsse unbedingt beim Bohnenkaffee bleiben, auch wenn er seiner Gesundheit zusetzen mag, der versuche einmal, seinen Bohnenkaffee mit einem vorzüglichen Getreide- und Fruchtkaffee zu mischen, indem er ihm erst nur ganz geringe Mengen hinzufügt, dann, je nachdem sich der Gaumen daran gewöhnt hat, etwas mehr, bis der Bohnenkaffee ganz ausfallen kann. Auf diese Weise wird sich eine Kaffeetante, die wegen des Genusses von Bohnenkaffee nicht gut schlafen kann, langsam umgewöhnen können. Gerne holt sie sich dann im Reformhaus oder im Lebensmittelgeschäft einen aromatischen Getreide- und Fruchtkaffee, der womöglich im Geschmack eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Bohnenkaffee aufweist, denn das gibt es heute tatsächlich. Sie verschafft sich gesundheitlich einen Vorteil, besonders wenn sie gewohnt ist, ihre Milch mit Kaffee zusammen zu trinken.
Es empfiehlt sich, der Gesundheit zuliebe den Bohnenkaffee mit einem guten Getreidekaffee und Fruchtkaffee zu vertauschen. Wie angenehm, wenn man dadurch seine Nerven und auch sein Herz schonen kann. Wird ein Getreide- und Fruchtkaffee als leicht löslicher Extrakt in Pulverform geliefert, dann wird damit vieles erleichtert."
Auszug aus: Alfred Vogel. „Der Kleine Doktor" (S. 697/698), 74. Auflage