Das frühere Lieblingsparfüm riecht plötzlich irgendwie seltsam? Der tolle Käse aus dem Feinkostgeschäft schmeckt nicht mehr richtig? Und dann auf einmal diese Lust auf Süsses? Viele Frauen stellen in den Wechseljahren fest, dass sich ihr Geruchs- und Geschmacksempfinden verändert. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Hormone.
Autorin: Annette Willaredt, 07/21
Jede Frau erlebt die Wechseljahre anders. Dabei gibt es ein paar ganz typische Beschwerden, von denen fast alle Frauen schon gehört haben. Dazu zählen beispielsweise Hitzewallungen. Doch es gibt auch einige Symptome, bei denen die Betroffenen gar nicht an eine Begleiterscheinung der Wechseljahre denken. Dazu zählen Riech- und Geschmacksstörungen. Davon betroffen sind zwar bei weitem nicht alle Frauen in den Wechseljahren, aber deutlich mehr als gemeinhin angenommen wird. Auslöser sind in diesem Fall ebenfalls die Hormone. Im sogenannten Klimakterium stellen die Eierstöcke die Produktion des weiblichen Sexualhormons Östrogen langsam ein. Das hat weitreichende Folgen. Das Hormon Östrogen fördert die Wassereinlagerung in alle Gewebe und auch die Durchblutung. Sinkt der Gehalt dieses Stoffes im Blut, werden die Schleimhäute meist trockener und dünner, auch die Durchblutung verschlechtert sich. Das betrifft auch die Schleimhäute in Mund und Nase. Die Hormone haben einen direkten Einfluss auf die Geschmacksrezeptoren und die für das Riechen zuständigen Sinneszellen in der Nase, die auf den Schleimhäuten liegen.
Manche Frauen kennen die seltsamen Effekte bereits aus einer Schwangerschaft. Besonders im 1. Drittel, wenn die grössten hormonellen Umstellungen passieren, haben einige ständig einen ungewöhnlichen Geschmack im Mund, z.B. leicht metallisch. Andere stellen fest, dass ihnen Dinge, die sie früher sehr gerne gegessen haben, plötzlich nicht mehr schmecken. Auch eine grössere Empfindlichkeit für Gerüche stellen viele Schwangere fest. Wieder andere sind nicht geruchsempfindlicher. Sie finden aber plötzlich einen Duft eklig, den sie früher mochten. Und der Klassiker schlechthin: Mamas in spe sind bekannt dafür, dass sie ganz ungewöhnliche Gelüste haben – zum Beispiel die berühmte Essiggurke, die nachts um 1 Uhr unbedingt verspeist werden muss. Ähnlich, aber nicht ganz so stark ausgeprägt, kann man sich die Auswirkungen der hormonellen Umstellung in den Wechseljahren vorstellen. Untersuchungen zeigen, dass sich tatsächlich bei vielen Frauen in den Wechseljahren der Geschmack verändert. Sehr viele mögen jetzt Süsses lieber als in den früheren Jahren. Hier gilt es nur, darauf zu achten, dass man es mit dem Konsum von Schokolade und Desserts nicht übertreibt. Denn in den Wechseljahren geht es leider schnell mit ein paar zusätzlichen Pfunden. Auch beim Geruchssinn kann sich etwas ändern. Das Komplizierte daran: Diese beiden Sinne beeinflussen sich gegenseitig. Das kann jeder bestätigen, der schon mal einen heftigen Schnupfen hatte. Ist die Nase dicht, schmeckt das leckerste Essen wie Watte. Deshalb kann man Geruch und Geschmack schwer getrennt betrachten.
Die hormonell bedingten Veränderungen der Schleimhäute im Mund machen diese auch empfindlicher für Entzündungen. Besonders oft betroffen ist hier das Zahnfleisch. Eine gute Möglichkeit für eine Schutzschicht im Mund zu sorgen, ist das Ölziehen, das ursprünglich vermutlich aus der russischen Naturheilkunde stammt. Man nimmt dazu morgens nach dem Aufstehen vor dem Zähneputzen einen Esslöffel guten Pflanzenöls in den Mund und zieht es ein paar Minuten lang immer wieder durch die Zähne, kaut darauf herum und bewegt das Öl ständig im Mund herum. Danach das Öl komplett ausspucken, nicht schlucken, und die Zähne putzen. Die Grundidee beim Ölziehen ist die Bindung von Schadstoffen wie Bakterien im Mund. Regelmässig durchgeführt wirkt diese „Behandlung" zusätzlich aber auch pflegend auf die Schleimhäute. Es macht sie deutlich widerstandsfähiger. So kann ihrem dünner und trockener werden in den Wechseljahren effektiv entgegengewirkt werden.
Tatsächlich sind es aber nicht nur die Hormone, die in den Wechseljahren für Veränderungen sorgen. So sind die Riechzellen in der Nase einem Alterungsprozess unterworfen. Es ist deshalb ganz normal, dass man mit steigendem Alter nach und nach etwas schlechter riecht. Und das sorgt wieder dafür, dass sich auch der Geschmack leicht verändern kann. Dazu kommt, dass auch die Geschmacksknospen auf der Zunge mit dem Alter abnehmen. Diese Veränderungen sind allerdings individuell sehr unterschiedlich. Manche Menschen merken davon nichts oder fast nichts. Andere spüren schon mit 50 Jahren, dass sie schlechter riechen und schmecken als früher. Solche Änderungen in der Sinneswahrnehmung kann durch Erkrankungen oder Medikamente verstärkt oder überhaupt erst hervorgerufen werden. Bekannt sind beispielsweise der Riechverlust nach einer Grippe oder Covid-Erkrankung sowie die Geschmacksveränderungen bei der Einnahme von manchen Antidepressiva. Auch Menschen, die Zahnprothesen tragen, stellen oft fest, dass sich ihr Geschmacksempfinden verändert. Komplett aufhalten kann man die Alterung der Sinneszellen natürlich nicht. Aber hinausschieben! Regelmässige Bewegung bewirkt eine gute Durchblutung des ganzen Körpers, auch der Schleimhäute, auf denen die Sinneszellen sitzen. Dadurch werden diese auch besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Das erhöht ihre „Lebensdauer" deutlich. Der zweite Punkt ist der Verzicht auf Genussmittel wie Zigaretten und hochprozentige alkoholische Getränke, denn sie greifen die Geschmacksknospen auf der Zunge an und können sie auch schädigen.