Naturkosmetik ist gefragter denn je. Auch viele konventionelle Hersteller setzen auf die Kraft der Pflanzen für Cremes, Shampoo und Co. Was man über Inhalt und Gütesiegel wissen sollte.
Autorin: Andrea Pauli, 06/20
"Natur pur" scheint heute in fast allen Kosmetikprodukten zu stecken, die Hersteller werben verstärkt mit naturreinen Ingredienzen. Liest man sich die Inhaltslisten jedoch genauer durch, finden sich dann aber doch hauptsächlich auf Mineralölbasis gewonnene Inhaltsstoffe.
In echter Naturkosmetik ist nur erlaubt, was in den Naturkreislauf zurückgeführt werden kann und die Umwelt nicht lange belastet. Grundsätzlich bedeutet Naturkosmetik ein Gemisch aus verschiedenen Extrakten, aus Rohstoffen pflanzlichen, mineralischen oder tierischen Ursprungs, also Fette, Öle, Wachse, Kräuter, Blütenwasser und ätherische Öle. Zur Konservierung werden anstatt der hormonell wirkenden Parabene, welche die herkömmliche Kosmetik einsetzt, Bioalkohol oder pflanzliche Extrakte verwendet. Eine ausschliessliche Verwendung von Naturstoffen garantiert allerdings nicht die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Naturkosmetik. Denn auch sie hat das Potenzial zu unerwünschten Nebenwirkungen – besonders dann, wenn darin reine ätherische Öle eingesetzt werden. Allergiker sollten bei jedem Kosmetikprodukt – egal, ob Naturkosmetik oder nicht – die Inhaltsstoffliste prüfen, denn auch natürliche Duftstoffe oder Pflanzenextrakte können Allergien auslösen.
Leider ist der Begriff Naturkosmetik rechtlich nicht definiert. Die europäische Kosmetikverordnung, gültig auch in der Schweiz, garantiert die Sicherheit kosmetischer Produkte. Ein spezielles Naturkosmetikgesetz gibt es nicht. Es finden sich beispielsweise Kosmetikhersteller, die überwiegend auf pflanzliche oder tierische Inhaltsstoffe setzen, aber dennoch nicht auf bestimmte chemisch-synthetische Inhaltsstoffe verzichten. Solche «naturnahen» Kosmetikprodukte erfüllen in der Regel nicht die Anforderungen von «echter» Naturkosmetik.
Naturkosmetik bedeutet auch nicht zwangsläufig «aus biologischem Anbau». Wer Biokosmetik wünscht, muss nach entsprechender Kennzeichnung in der Liste der Inhaltsstoffe suchen.
Woran sollte man sich also orientieren? Solange es kein einheitliches, staatlich finanziertes Siegel gibt, am besten an international zertifizierten und von Konsumentenschützern empfohlenen Gütesiegeln, z.B. Natrue, Ecocert oder Cosmos.
Zertifizierte Hersteller von Naturkosmetik verzichten grundsätzlich auf Folgendes: Rohstoffe auf Erdölbasis, Silikone, gentechnisch veränderte Organismen, radioaktive Bestrahlung, synthetische Fette und Öle, synthetische Farb-, Duft- und Konservierungsstoffe, Tierversuche.
Die Herstellung von Naturkosmetik und insbesondere von Biokosmetik ist aufwendiger, die Inhaltsstoffe sind qualitativ hochwertiger. Das spiegelt sich auch im Preis wider. Natürliche Pflegeprodukte sind häufig recht teuer – allerdings immer noch günstiger als edle, konventionelle Luxusmarken.
Wer von konventioneller Kosmetik auf Naturkosmetik umsteigt, hat vielleicht gewisse «Probleme» mit der Beschaffenheit der Produkte. Einige Beispiele:
Duschgel – herkömmliches schäumt üppig (dank synthetischer Tenside), auf Naturbasis produziertes (mit Tensiden aus Rübe, Raps oder Kokos) eher wenig bis gar nicht. Achtung: Auch pflanzliche Tenside können, wie synthetische, bei übermässiger Anwendung die Haut austrocknen.
Shampoo – auch hier gilt: weniger Schaum aufgrund von Pflanzenöl- oder Zuckertensiden. Der Reinigungsleistung tut das aber keinen Abbruch. Zur besseren Haltbarkeit wird Naturkosmetik-Shampoo Bioalkohol zugesetzt. Wer eine trockene Kopfhaut hat, sollte lieber alkoholfreie Shampoos wählen. Statt synthetischer Silikone werden für Glanz im Haar Derivate natürlicher Pflanzenstoffe beigemengt. Wem das zu wenig Glanzeffekt bringt, sollte sein Haar einmal
täglich ausgiebig mit einer Naturborstenbürste durchkämmen, das versorgt es mit körpereigenem Talg und sorgt für natürlichen Glanz.
Gesichtscreme – gilt nach dem Öffnen als weniger lang haltbar als ein konventionelles Produkt. Doch es wird intensiv an der Haltbarkeitsthematik geforscht. Produkte im Tiegel (in die man ja gerne mal mit dem Finger reinlangt statt mit einem Spatel) sollen reduziert werden und künftige Verpackungen Sauerstoffbarrieren bzw. Airless-Systeme aufweisen. Geprüft wird auch, welche Antioxidationsmittel zu längerer Haltbarkeit beitragen können (derzeit ist ein «StoppOx» genannter Schutz der neueste Stand der Technik).
Anti-Aging-Wunder vollbringen können weder konventionelle noch Naturkosmetika. Gewisse ausgleichende Hautpflegeeffekte indes erzielen Stoffe wie Granatapfelextrakt, Nachtkerzenöl, Hyaluronsäure oder Coenzym Q 10 (die beiden letzteren lassen sich auch natürlich herstellen).
Ein gutes Argument für Naturkosmetik «Marke Eigenbau» ist: Man weiss genau, was drinsteckt. Dagegen spricht vielleicht, dass die Kosmetikproduktion am heimischen Herd mühselig sein kann und nicht zu den gewünschten Ergebnissen führt. «Kennt man die wichtigsten Kniffe, ist es einfach, seine eigenen Naturkosmetika anzurühren, und viele Zutaten oder Arbeitsgeräte finden sich meist auch schon in der Küche», beruhigt allerdings Valerie Jarolim. Die studierte Agrarwissenschaftlerin und diplomierte Kräuterpädagogin aus Österreich hat gerade ein neues Buch mit Naturkosmetikrezepten «von Kopf bis Fuss» herausgegeben. Neben der Zutatenkontrolle gibt es aus ihrer Sicht weitere Vorteile: Es kommt kein (Mikro-)Plastik zum Einsatz, es fällt weniger Verpackungsmüll an, und man kann die Produkte ganz individuell auf die eigenen Hautbedürfnisse und Vorlieben abstimmen.
Lippenbalsam. Foto: © Valerie Jarolim.
Zutaten für 250 ml
Arbeitsgeräte und Zubehör
Zubereitung
Sheabutter in kleine Stücke schneiden und gemeinsam mit Kakaobutter und Kokosöl in einem hitzefesten Gefäss im heissen Wasserbad schmelzen. Danach aus dem Wasserbad nehmen, etwas abkühlen lassen und das Vanilleöl einrühren. In den Tiegel füllen und für eine Stunde im Tiefkühlfach aushärten lassen. Mit Inhalt und Datum beschriften – fertig!
Anwendung
Der Lippenbalsam wird mit den Fingern mehrmals täglich aufgetragen.
Haltbarkeit und Lagerung
Der Lippenbalsam ist dunkel gelagert etwa sechs Monate haltbar.
Zutaten (für 250 ml)
Zubehör
Zubereitung
Brennnesseln etwas zerkleinern und einen starken Tee daraus zubereiten. Dazu 3 EL Brennnesselblätter mit 250 ml kochendem Wasser aufgiessen. Das Ganze zugedeckt etwa 15 Minuten ziehen lassen. Danach Tee abseihen, in eine Flasche füllen und zum Abkühlen beiseitestellen. Ist der Tee kalt, den Apfelessig hinzugeben und gut durchschütteln. Die Menge reicht je nach Haarlänge für ein bis zwei Spülungen.
Anwendung
Die Haarspülung sollte bei der Anwendung gut abgekühlt sein. Nach der Haarwäsche wird sie einfach ins feuchte Haar einmassiert. Man lässt sie etwa 10 Minuten einwirken. Danach wird mit lauwarmem Wasser nachgespült. Im Kühlschrank ist die selbstgemachte Brennnessel-Haarspülung etwa drei Tage haltbar.
Was Valerie Jarolim an diesem Rezept mag: «Nach Belieben kann die selbstgemachte Haarspülung auch im Haar verbleiben, man spricht dann von ‹Leavein›. Da nichts ausgespült wird, können die Kräuter über eine längere Zeit in die Haare und Kopfhaut einwirken.»
Zutaten
Zubereitung
Ton- oder Heilerde mit Rosenhydrolat zu einer cremigen Paste anrühren. Ätherisches Öl dazugeben und nochmals durchrühren. Die Konsistenz kann durch mehr oder weniger Hydrolat nach Belieben variiert werden.
Anwendung
Die Maske wird grosszügig mit den Fingern oder einem Pinsel auf das gereinigte Gesicht, Hals und Dekolleté aufgetragen. Augen- und Mundpartie sollte man aussparen. Nach einer etwa 15-minütigen Einwirkzeit wird die Maske mit lauwarmem Wasser abgespült. Die Rosen-Gesichtsmaske sollte, wenn möglich, am besten immer frisch angerührt und verwendet werden. Im Kühlschrank ist sie nur ein paar Tage haltbar.
Was Valerie Jarolim an diesem Rezept mag: «Je nach Hauttyp und Bedürfnissen können zum Anrühren der Gesichtsmaske das passende Hydrolat oder auch ein Kräutertee gewählt werden. Bei unreiner Haut, Pickeln und kleinen Narben greift man am besten zu entzündungshemmendem und wundheilendem Ringelblumentee oder zu Teebaumhydrolat.»
Zutaten
Zubehör
Zubereitung
Das Kokosöl in einen Tiegel füllen. Sollte es sehr fest sein, wird der Tiegel zwischen den Handflächen oder im warmen Wasserbad (eine Temperatur von etwa 25 °C reicht bereits aus) erwärmt bis das Kokosöl streichfähig ist. Dann Birkenzucker, Natron und ätherische Öle unterrühren und gut vermischen. Tiegel mit Inhalt und Abfülldatum beschriften, und fertig ist die selbstgemachte Zahnpasta.
Anwendung
Ein erbsengrosser Klecks Zahnpasta reicht pro Anwendung aus. Zur Entnahme kann ein Löffel verwendet werden, um mit dem Bürstenkopf keine Keime in den Tiegel zu bringen. Die Zahnpasta reinigt die Zähne gründlich, schäumt dabei aber nicht.
Extra-Tipp von Valerie Jarolim: «Birkenzucker und Natron sind meist relativ grobkörnig, was die reinigende Scheuerwirkung ausmacht. Das Grobkörnige wird aber manchmal als unangenehm empfunden. Man kann, um eine feinere Körnung zu erhalten, beide Zutaten vor der Weiterverarbeitung gemeinsam im Mörser mahlen. Auch so erzielt man eine ausreichende Scheuerwirkung.
Achtung: Natron wird nicht immer gleich gut vertragen, da es den Zahnschmelz angreifen kann. Bitte im Zweifelsfall mit dem Zahnarzt abklären.
Zutaten (für 3 Vollbäder)
Zubehör
Zubereitung
Natursalz, Pflanzenöl und Blüten werden in einer Schüssel gemischt. Dann das ätherische Öl in das Glas tropfen und dabei so drehen, dass die Seitenwände benetzt werden. Danach löffelweise die Öl-Blüten-Mischung einfüllen und das Glas abschliessend leicht schütteln. Verschliessen und mit Inhalt und Datum beschriften.
Anwendung
Das Blütenbadesalz wird in das einlaufende Badewasser gestreut. Die Zutaten verteilen sich im warmen Wasser und pflegen die Haut. Möchte man nicht, dass die Blüten frei im Wasser schwimmen, kann das Badesalz auch in kleine Säckchen gefüllt werden, die man in die Wanne hängt. Nach dem Baden ist kein Eincremen notwendig. Dunkel gelagert, ist das Blütenbadesalz etwa drei Monate haltbar.
Extra-Tipp von Valerie Jarolim: «Bei der Wahl der Blüten sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Es können getrocknete Blütenknospen und Blütenblätter von Rose, Gänseblümchen, Holunder, Ringelblume, Lavendel und Malve verwendet werden. Die Blüten der Malve färben aufgrund ihrer natürlichen Pflanzenfarbstoffe das Badewasser hellblau, was für einen tollen Effekt sorgt. Es darf auch mehr oder weniger bis gar kein Pflanzenöl für das Blütenbadesalz verwendet werden. Je nachdem, wie reichhaltig man die Feuchtigkeitspflege haben möchte.»
Zutaten (für 250 ml)
Zubehör
Zubereitung
Das Wasser mit dem Natron in einem Topf auf etwa 40 °C erwärmen und warten, bis sich das Pulver vollständig aufgelöst hat. Etwas abkühlen lassen. Dann den Abrieb der Zitronenschale und den Zitronensaft hinzufügen. Achtung: Es kann schäumen! Das Ganze etwa eine Stunde ziehen lassen. Danach durch ein feines Sieb abseihen und in eine Spraylasche füllen.
Tipp von Valerie Jarolim, zertifizierte Diplom-Kräuterpädagogin und dipl. Aromafachberaterin. Rezepte entnommen aus: Valerie Jarolim, «Nachhaltig schön. Naturkosmetik-Rezepte von Kopf bis Fuss», Ennsthaler Verlag.