Mit Wasser angerührt, verwandelt sich Heilerdepulver in einen graubraunen Matsch. Nicht hübsch anzusehen, für die Gesundheit jedoch höchst wirkungsvoll.
Autorin: Ingrid Zehnder, 09/19
Heilerde gehört zur grossen Gruppe der Mineralerden wie Tonerde, Lehmerde, Vulkanerde, Fango, Moor oder Torf, die sich jedoch in der Entstehung, Gewinnung, Zusammensetzung und Anwendung unterscheiden.
Die feinkörnigen Verwitterungsprodukte der Gesteine der Erdkruste wie z.B. Silikat, Feldspat, Quarz oder vulkanische Gesteine werden weltweit abgebaut. Sie enthalten je nach Herkunft und Farbe verschieden zusammengesetzte Gemische aus Mineralien und Spurenelementen wie Aluminium, Silizium, Magnesium, Eisen, Kalium, Kalzium, Natrium, Mangan, Selen, Zink oder Kupfer. Viele Mineral- bzw. Tonerden zeichnen sich durch eine enorme Oberfläche ihrer kleinsten Teilchen aus, wodurch sie hohe Kapazitäten haben sowohl zur Adsorption (Anreicherung an der Oberfläche) als auch zur Absorption (Bindung) von zahlreichen Stoffen, welche die Gesundheit beeinträchtigen können.
Die meisten Mineral- bzw. Tonerden werden «offiziell» nur für die äusserliche Anwendung empfohlen; einige sollen aber auch als «Nahrungsergänzungsmittel» innerlich gebraucht werden können. Die wichtigsten Mineralerden sind Tonerden, beispielsweise die weisse Tonerde (Kaolin) oder die sonnengetrocknete grüne Tonerde aus Frankreich, die als Naturpflegeprodukte gelten und vorwiegend kosmetisch verwendet werden.
Heilerde ist eine Mineralerde, aber nicht jede Mineralerde ist eine Heilerde – obwohl die Begriffe zu Unrecht oft synonym benutzt werden. Dabei gibt es einen wesentlichen Unterschied: Heilerde ist ein geschützter Begriff. Nach strengen Prüfverfahren ist sie als Medizinprodukt und frei verkäufliches Arzneimittel zugelassen, erhältlich in Apotheken und Drogerien. Heilerde darf nicht nur äusserlich angewendet, sondern auch innerlich eingenommen werden.
In Deutschland besitzt nur die bräunliche Erde der Firma Luvos diese Zulassung. Sie ist ein Naturprodukt ohne Zusätze. Gewonnen wird die Heilerde aus eiszeitlichen, feinpulverigen Lössablagerungen. Enthalten sind Verbindungen von Silizium, Kalzium, Eisen, Kalium, Magnesium und Natrium sowie die Spurenelemente Kupfer, Mangan, Nickel, Selen und Zink. Nach dem Erhitzen auf 130 °C ist die Erde frei von möglichen krankmachenden Verunreinigungen und absolut keimfrei.
Im Groben gibt es zwei spezifische Sorten Heilerdepulver: eine für die äussere Anwendung (Heilerde 2) und eine noch feiner vermahlene Qualität zum Einnehmen (Heilerde 1). Für die innere Anwendung stehen zudem weitere, extrem feine Sorten sowie Granulat und Kapseln zur Verfügung. Weniger feine Erde lässt sich besser äusserlich auftragen; sehr fein gemahlene Erde lässt sich leichter und angenehmer zusammen mit Wasser trinken.
Mit lauwarmem Wasser zu Brei angerührt, hilft Heilerde bei unreiner Haut, Pickeln, Akne und Mitessern überschüssigen Talg zu binden, die Durchblutung anzuregen, Entzündungen zu lindern, die Haut mit Nährstoffen zu versorgen und zu beruhigen. Als Badezusatz entfaltet das kieselsaure Naturprodukt die gleiche Wirkung. Auch bei fettigen Haaren soll Heilerde Wirkung zeigen; hier machen Fertigprodukte die Anwendung einfacher.
Bei Schuppenflechte, Neurodermitis und Ausschlägen soll Heilerdepaste helfen, den Juckreiz zu lindern, Keime und entzündungsfördernde Substanzen zu binden und die Haut zu beruhigen.
Juckende Mückenstiche lassen sich besänftigen, indem man eine dicke Schicht Heilerdebrei auf die entsprechende Stelle legt und erst abwäscht, wenn der Brei restlos durchgetrocknet ist.
Als Wickel, Packung oder Auflage wirkt Heilerde durchblutungsfördernd, entzündungshemmend und schmerzlindernd. Bei entzündlichen Muskel- und Gelenkerkrankungen, Zerrungen und Prellungen soll die Heilerdepackung kalt angewendet werden. Dagegen lindert ein warm angerührter Breiumschlag die Beschwerden bei Ischias und Hexenschuss besser.
Der Mediziner und Physiker Prof. Bernhard Uehleke von der Naturheilkundeabteilung an der Berliner Charité rät bei Diät- und Fastenkuren zur Einnahme von Heilerde. Denn beim Abbau von Körperfett lösen sich dort zwischengelagerte fettlösliche Giftstoffe und gelangen ins Blut. Die mineralischen Substanzen der Heilerde binden die Schadstoffe im Darm, so dass sie ausgeschieden werden können.
Gegen saures Aufstossen trinkt man vor dem Essen auf ein Glas Wasser einen gestrichenen Teelöffel sehr feine Heilerde. So wird überschüssige Magensäure in kürzester Zeit gebunden.
Auch Patienten mit Reizmagen profitieren von Heilerde; bei regelmässiger Einnahme haben sie weniger Beschwerden in Form von Magenbrennen und/oder Magenschmerzen. Bei der chronischen Krankheit Reizdarm kann die Einnahme von Heilerde die Beschwerden mindern bzw. die Therapie unterstützen.
Da Heilerde im Darm Flüssigkeit wie ein Schwamm aufsaugt, Toxine bindet und wertvolle Mineralstoffe liefert, kann sie akuten Durchfall bessern. Über den Tag verteilt kann man mehrere Teelöffel Heilerde verrührt mit Wasser oder Tee trinken bzw. Kapseln oder Granulat verwenden. Tritt nach drei Tagen keine Besserung ein, ist ein Arztbesuch notwendig.
Beim äusseren und inneren Gebrauch von Heilerde wurden keine Nebenwirkungen festgestellt. Mit einer Ausnahme: Menschen, die Medikamente schlucken oder einreiben müssen, sollten zwischen der Anwendung von Heilerde und der Einnahme von Medizin einen zeitlichen Abstand von mindestens einer Stunde einhalten. Denn die Kapazität der Heilerde, Fremdstoffe zu eliminieren, würde die Wirksamkeit der Medikamente reduzieren.
Zur Hautreinigung bei Akne bereitet man aus 7 TL Heilerdepulver und etwa 2 TL Wasser, oder auch abgekühltem Kamillen- oder Salbeitee, eine cremige Paste. Je nach Dicke des Auftrags ist die Maske nach 20 bis 30 Minuten durchgetrocknet und wird mit lauwarmem Wasser abgewaschen. Am besten legt man sich während der Einwirkzeit mit einem Handtuch unter dem Kopf hin und spricht und lacht nicht, damit die erdige Masse nicht abbröckelt. Zweimal pro Woche anwenden und die Haut danach mit einer Feuchtigkeitscreme versorgen.
Wem der austrocknende Effekt der Heilerde zu stark ist, kann der Paste etwas Jojoba- oder Mandelöl zufügen.