Teilzeitarbeit wird in der Schweiz immer beliebter. Mehr als 36 % der Erwerbstätigen hierzulande, so die aktuellen Daten des Bundesamts für Statistik, gingen 2016 keiner Vollzeitbeschäftigung nach. Das heisst, ihr Beschäftigungsgrad lag unter 90 % der betriebsüblichen Normalarbeitszeit. Erfreulich: Zunehmend mehr Männer stellen sich hinsichtlich ihrer Arbeit die Frage: „Darf‘s ein bisschen weniger sein?“ Unser Überblick klärt die wichtigsten Fragen.
Autor: Axel Ringewaldt
Mehr freie Zeit, dafür weniger Arbeit, raus aus dem Hamsterrad, rein in die Freiheit – die viel zitierte Work-Life-Balance, sie wird auch für das vermeintlich stärkere Geschlecht immer wichtiger.
So können sich laut einer Studie von ProFamilia bis zu 90 % der berufstätigen Männer in der Schweiz mit dem Gedanken anfreunden, Teilzeit zu arbeiten. Ob mehr Zeit für Familie und Kindererziehung, das liebgewonnene Hobby, ein ehrenamtliches Engagement oder auch eine berufsbegleitende Weiterbildung – die Gründe dafür sind ebenso vielfältig wie die verschiedenen Teilzeitmodelle, die auf dem Arbeitsmarkt von heute anzutreffen sind.
Aber wie wird der Arbeitgeber wohl reagieren, wenn Sie tatsächlich beruflich kürzer treten wollen? Gerade für Männer gilt: Wer sein Arbeitspensum reduzieren möchte, muss oftmals gegen Rollenbilder ankämpfen. Wird der Wunsch nach Reduktion des Pensums geäussert, wird aufgehorcht; erst recht, wenn „er“ eine Führungsposition innehat, sprich: Vorgesetzter ist. „Als Mann in Teilzeit zu wechseln, scheitert meist nicht am Unternehmen selbst. Die Angebote sind oftmals schon da. Konkrete und irrationale Ängste halten aber viele davon ab, die Angebote anzunehmen“, weiss Markus Theunert, Leiter des nationalen Programms MenCare Schweiz, das sich der Stärkung väterlicher Präsenz und Fürsorge verschrieben hat.
Denn auch in den Unternehmen haben sich die positiven Effekte der Teilzeitarbeit mittlerweile herumgesprochen. So arbeiten Teilzeitkräfte, verglichen mit ihren Kollegen in Vollzeit, aufgrund eines besseren Zeitmanagements effizienter und sind somit produktiver. Die krankheitsbedingten Ausfälle sind geringer, auch die Zahl der Betriebsunfälle sinkt aufgrund der höheren Ausgeglichenheit. All diese Argumente verbessern das Betriebsklima. Dazu kommt, dass das Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt wesentlich an Attraktivität gewinnt – gerade in Zeiten des vielbeschworenen Fachkräftemangels ein unschlagbarer Vorteil.
Dennoch, die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist nach wie vor gross: 2016 lag die Quote der männlichen Erwerbstätigen in Teilzeit in der Schweiz bei 16,6 %, erst 2015 wurde die „Schallmauer“ von 400.000 Teilzeitmännern erstmals durchbrochen.
„Mann“ definiert sich nach wie vor stark über seinen Beruf, eine Teilzeit-Beschäftigung gilt oft genug als Karriere-Killer. Obendrein bedeutet weniger Zeit am Arbeitsplatz, auf einen Teil des Gehalts zu verzichten. Die Angst vor Macht- und Statusverlust bremst viele derer, die mit Teilzeit liebäugeln, letztendlich aus.
Festzuhalten bleibt aber auch: Der Anteil der männlichen Part-Timer ist in den vergangenen fünf Jahren überdurchschnittlich gestiegen. Zu verdanken ist dies sicherlich auch der Initiative „Der Teilzeitmann“. Im November 2012 unter grossem Medienecho gestartet, wurde diese bis 2014 vom Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) finanziert. Ehrbares Ziel: Bis ins Jahr 2020 sollen 20 Prozent der arbeitstätigen Schweizer Männer und Väter Teilzeit arbeiten.
Um das Arbeitspensum zu reduzieren, ist eine gute Vorbereitung unabdingbar. Der Infokasten „Schritt für Schritt in die Teilzeitarbeit“ unterstützt Sie dabei. Zudem ist der Weg in die Teilzeitarbeit keinesfalls eine Einbahnstrasse. Eine Part-Time-Tätigkeit kann durchaus zeitlich befristet angelegt sein. Aber auch da gilt: Alle Möglichkeiten mit dem Arbeitgeber ansprechen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!
1. Fragen Sie sich selbst, was Ihnen die Teilzeitarbeit wert ist. Denn weniger Zeit am Arbeitsplatz bedeutet auch weniger Gehalt, zudem können die Karrierechancen leiden. Klären Sie für sich, mit welchem Pensum und in welchem Arbeitszeitmodell Sie arbeiten möchten. Was haben Sie zu gewinnen, was zu verlieren, sowohl beruflich, persönlich als auch familiär? Sind Sie zu Kompromissen bereit? Was, wenn Ihr Gesuch abgelehnt wird?
2. Informieren Sie sich, wie es in Ihrem Unternehmen mit der Teilzeit gehandhabt wird. Gibt es bereits Mitarbeiter/-innen in Teilzeit, wie sind deren Erfahrungen? Hören Sie sich um, vielleicht sind Sie gar nicht der einzige, der reduzieren möchte. Auch ein Blick ins Leitbild des Betriebs kann sich lohnen. Gibt man sich hier sozial und fortschrittlich? Ein Pro-Argument für Sie.
3. Gehen Sie auf Ihren Arbeitgeber zu und sprechen Sie das Thema selbstbewusst an. Sie machen ein Angebot und sind nicht Bittsteller. Machen Sie konkrete Vorschläge und zeigen Sie auch bei Bedenken des Chefs Verständnis. Aber lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn die erste Reaktion nicht positiv ausfällt.
4. Es gibt zahlreiche Teilzeitmodelle: Tagesteilzeit an allen Werktagen mit reduzierter Arbeitszeit, Halbtagesteilzeit, wöchentliche Teilzeit oder auch Jahresteilzeit, bei der Sie zu Stosszeiten zu 100 % tätig sind und in den ruhigeren Zeiten entsprechend weniger. Eine Alternative ist auch das sogenannte Jobsharing, bei dem Sie sich eine Stelle mit einer Kollegin oder einem Kollegen teilen. Alle Modelle bringen Vor- und Nachteile mit sich. Klären Sie mit sich selbst und natürlich auch mit dem Arbeitgeber, welche Form in Frage kommen könnte.
5. Geschafft, die Teilzeitstelle wurde bewilligt. Aber was nun? Bleiben Sie Teil des Teams und halten Sie sich über die Vorgänge im Betrieb stets auf dem Laufenden. Lassen Sie die Kollegen wissen, wie wichtig Ihnen die Zusammenarbeit ist. Weniger Stunden heisst nicht weniger gut, im Gegenteil.