Der Einsatz von Antibiotika zur Therapie von Halsschmerzen ist oft nicht nur wirkungslos, sondern häufig auch ein Risiko. Halsentzündungen werden selten durch Bakterien ausgelöst. Eine Behandlung mit Antibiotika kann zur Beeinträchtigung der natürlichen Mund- und Rachenflora führen und fördert die Resistenz gegen Antibiotika.
Autorin: Verena Thurner
Der Hals schmerzt, jeder Schluck ist eine Qual, das Sprechen fällt schwer: Halsschmerzen kennen keine Saison. Oft sind sie die ersten Symptome einer Erkältungskrankheit. Der Griff zu Lutschtabletten, Sprays oder Pastillen zur Linderung der Symptome ist naheliegend.
In der Schweiz werden für mehrere Millionen Franken jährlich Halsschmerzmittel gekauft. Die wenigsten Patienten und Patientinnen wissen, dass viele der gängigen rezeptfreien Medikamente neben schmerzlindernden und desinfizierenden Substanzen auch Antibiotika enthalten, wie zum Beispiel das Antibiotikum Tyrothricin in Halsweh-Lutschtabletten. Ein völlig unnötiger Zusatz, werden Halsschmerzen doch zu über 80 Prozent von Viren verursacht.
Zwar kann eine Infektion auch zu einer Schädigung der Schleimhaut der Atemwegsorgane führen, was wiederum die Anfälligkeit für Bakterien erhöht und (abhängig von der Art der Bakterien) zu einer Nebenhöhlenentzündung, einer Bronchitis oder selten auch zu einer Lungenentzündung führen kann.
Die aktuelle Leitlinie zu Atemwegsinfektionen sieht keine Abgabe von Antibiotika vor. Dies hat eine Cochrane-Review erneut bestätigt. Aufgeschlüsselt für vier Symptome, konnten die Wissenschaftler keine Verbesserung bei Husten, Halsschmerzen oder normalen Erkältungen feststellen. Waren die Symptome von Schmerzen und Fieber begleitet, so war eine verzögerte (bei Erkältung) oder eine sofortige Antibiotikagabe (bei Halsschmerzen) etwas vorteilhafter.
Eine verzögerte Antibiotikagabe ist eine Verordnungsstrategie, bei der den Patienten ein Antibiotikum mit nach Hause gegeben wird, es aber erst eingenommen werden darf, wenn sich die Beschwerden nach einem vereinbarten Zeitraum (hier mindestens 48 Stunden) nicht ausreichend gebessert haben. Mit diesem Vorgehen lässt sich nicht nur der Antibiotikagebrauch von 90 auf 30 Prozent reduzieren. Auch die Patientenzufriedenheit erhöht sich.
Unnötig eingesetzte Antibiotika können durchaus unerwünschte Nebenwirkungen wie Durchfall oder Hautausschläge verursachen. Hinzu kommt, dass durch einen übermässigen Einsatz von unnötigen Antibiotika Bakterien widerstandfähiger werden. Das heisst, sie werden resistent gegen den Einsatz von Antibiotika. Und das kann fatale Folgen haben, wenn ein Patient mit einer schweren Krankheit dringend auf Antibiotika angewiesen ist.
Laut WHO sterben jedes Jahr 25 000 Menschen in der EU an den Folgen von Infektionen mit resistenten Bakterien. Infektiologen warnen: Immer mehr Bakterien sind resistent gegen herkömmliche Medikamente. Die in Lutschtabletten enthaltenen Antibiotika sollen sogar die Mund- und Rachenflora zerstören. Dabei wäre eine ausgewogene Flora ein guter Schutz gegen Infekte. Eine Studie der Washington University School of Medicine in St. Louis zeigt, dass der Einsatz von Antibiotika in den ersten Lebensjahren Darmbakterien von Kindern resistent gegenüber 14 von 18 Antibiotika macht. Darunter fanden die Forscher auch Resistenzen gegen Antibiotika, welche die Kinder noch nie erhalten hatten. Je mehr Antibiotika eingesetzt werden, desto stärker entwickeln Bakterien Resistenzen.
Die Gruppe NEXT (Neue Expertenstrategie zur Therapie von Halsschmerzen) hat dem Antibiotika-Einsatz am Beispiel Halsschmerzen den Kampf angesagt. Die Gruppe hat eine Methode entwickelt, anhand deren Apotheker oder Ärzte rasch entscheiden können, ob ein viraler oder bakterieller Infekt vorliegt.
Mithilfe eines Algorhythmus klären Apotheker die Symptome ab, schauen in komplexeren Fällen dem Patienten in den Mund oder weisen ihn gleich an den Arzt. Die Abklärung ist entscheidend zur Definition eines viralen oder bakteriellen Infektes.
Eine im vergangenen Jahr durchgeführte Umfrage der Expertengruppe hat gezeigt, dass die meisten der befragten Personen den Unterschied zwischen viralen und bakteriellen Infekten nicht kennen und waren der Meinung, dass Antibotika auch gegen virale Infekte wirken.
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Echinacea purpurea (dt. Roter Sonnenhut) – wirkt in hohem Masse antiviral und antibakteriell. Bild: iStockphoto
Halsschmerzen sind zwar lästig aber meist harmlos. Die chemische Keule mit Antibiotika ist oft wirkungslos und kontrapoduktiv. Sofern nicht hohes Fieber, geschwollene Lymphknoten oder entzündete Mandeln auftreten, lassen sich Halsschmerzen schonend und effizient durch Mutter Natur behandeln.
Laut neusten Forschungserghebnissen wirkt zum Beispiel der Rote Sonnenhut (Echinacea purpurea) in hohem Masse antiviral und gleichzeitig auch antibakteriell. Ideal, um Halsschmerzen sanft zu behandeln. Schon die Ureinwohner Nordamerikas wussten von der Heilkraft der Pflanze.
Verwendet wurde der Saft oder Brei aus zerstossenem Kraut gegen Verbrennungen, Zahnfleischentzündungen, Zahn- und Halsschmerzen, aber auch gegen Husten, Mumps, Masern und Gonorrhöen wurde der Rote Sonnenhut eingesetzt. Die mehrjährige Pflanze wird 60 bis 150 Zentimeter hoch und gedeiht vom Tiefland bis auf 1500 Meter Höhe.
Heute wird vor allem der alkoholische Auszug aus den frischen oberirdischen Teilen der blühenden und kurz vor der Blüte stehenden Echinacea purpurea sowie die Urtinktur aus den frischen, dreijährigen Wurzeln verwendet. In der Phytotherapie wird Echinacea heute auch gegen grippale Infekte und Herpesviren eingesetzt. Aber auch bei bakteriellen Infekten wie den Erregern von Mandelentzündungen, Infektionen der Atemwege, Stirnhöhlen- und Lungenentzündungen kommt die Pflanze zum Zug. Präventiv wird sie eingesetzt zur Stärkung des Immunsystems.
Salbei hilft bei Halschmerzen.
Eine andere Pflanze, die sich als Heilmittel gegen Halsschmerzen bewährt hat, ist der Salbei oder lateinisch Salvia, was soviel wie heilen bedeutet. Die bis zu 80 Zentimeter hohe Zauberpflanze wurde schon im alten Ägypten gegen Bauchkrankheiten, Zahnschmerzen, Asthma und Juckreiz eingesetzt. Die ätherischen Öle der frischen Salbeiblätter verhindern das Ausbreiten von Bakterien, Viren und Schimmelpilzen. Dem Wirkstoff Salvin wird eine antibiotische Wirkung zugeschrieben. Die besondere Stärke des Salbeis liegt in der Schmerzlinderung.
Neben der pflanzlichen Behandlungsmethode gegen Halsschmerzen sind die Befeuchtung der Schleimhäute und die Stimulierung der Speichelproduktion ein wichtiger Faktor für eine baldige Besserung. Die Speichelproduktion kann mit Bonbons sowie Bronchialpastillen, vorzugsweise zuckerfrei, oder auch mit Lutschen von Eiswürfeln angeregt werden. Daneben sollten Betroffene viel trinken, zum Beispiel Kamillen- oder Salbeitee.