Bauchweh gehört zu den häufigsten Ursachen von Schmerzen bei Säuglingen und kleinen Kindern. Doch keine Sorge: In den allermeisten Fällen steckt keine ernste Erkrankung dahinter.
Das Baby ist satt, liegt trocken, hat genug geschlafen und geschmust – und weint bzw. schreit trotzdem. Das Gesicht ist schmerzverzerrt, die Händchen sind zur Faust geballt, die Beine werden angezogen und ruckartig wieder gestreckt – das sind Anzeichen, dass Bauchweh dem Kind zu schaffen macht.
Autorin: Ingrid Zehnder, 11.15
Viele Babys leiden in den ersten drei bis vier Lebensmonaten unter Blähungen, die weh tun, aber für die Gesundheit des Säuglings ungefährlich sind. Man geht davon aus, dass der Übergang vom bequemen All-inclusive-Service im Mutterleib zum selbstständigen Trinken, Schlucken und Verdauen für die Kleinen eine grosse Umstellung ist. Im Verhältnis zu ihrem Gewicht nehmen die Winzlinge ordentliche Mengen an Milch zu sich, die verarbeitet werden müssen – und zwar mit einem Verdauungssystem, das noch nicht ganz ausgereift ist.
Es gibt verschiedene Massnahmen, die helfen, Blähungen zu vermeiden bzw. zu lindern. Als erstes ist darauf zu achten, dass beim Trinken möglichst wenig Luft geschluckt wird. Der Kopf des Babys liegt etwas höher als der Rest des Körpers, beim Stillen muss die Brustwarze fest umschlossen sein, bei Flaschenkindern muss der Sauger immer mit Milch gefüllt und das Loch im Sauger angemessen klein sein. Mutter und Kind sollten sich nicht abhetzen, sondern sich in ruhiger Atmosphäre Zeit lassen. Nach der Mahlzeit lehnt man das Kind mit hängenden Beinchen an die Schulter und klopft ihm sanft auf den Rücken, um das Aufstossen zu erleichtern.
Manchmal braucht es etwas Geduld, bis ein Görpsi, Bäuerchen, Rülpserchen kommt. Falls es nicht klappt, kann man den Zwerg hinlegen und später nochmals hochnehmen oder im Tragetuch bzw. einer Tragehilfe (gibt es auch für die ganz Kleinen) aufrecht hockend herumtragen – dann kommen die Bäuerchen und Pupserchen meist von ganz alleine.
Beinebeugen provoziert Pupser. Es wird beidbeinig oder im Wechsel wie beim Velo-/Radfahren ausgeführt.
Bei anhaltendem Bauchweh gibt es verschiedene Tricks, die unmittelbar nach der Mahlzeit ausprobiert werden können, da nicht jeder Tipp für jeden Säugling funktioniert. Wie bei den Grossen tut auch bei den Kleinsten Wärme gut. Ein warmes Bad (38 °C), eine Wärmflasche, ein Baby-Hot/Cold Pack oder ein Kirschkern-/ Körnerkissen* auf dem Bäuchlein hilft, die Darmmuskulatur zu entspannen, die Blähungen zu lösen und die Schmerzen zu lindern.
Mit dem Fliegergriff, kombiniert mit leichtem Wiegen und Auf- und Abgehen, lassen sich viele Babys mit Bauchschmerzen und Koliken beruhigen. Der Säugling liegt in Bauchlage dicht am Körper eines Elternteils, den Kopf in der Armbeuge. Die Hand des Erwachsenen greift durch die Beine.
Eine Bauchmassage regt die Verdauung an und entspannt. Man massiert mit warmen Händen und sanftem Druck das Bäuchlein im Uhrzeigersinn um den Nabel herum. Oftmals wird zur Massage Kümmelsalbe oder 4-Winde-Öl empfohlen, die verdauungsfördernd sein sollen. Da es zweifelhaft ist, ob die ätherischen Öle überhaupt durch die Bauchdecke dringen, reicht auch ein einfaches Babyöl. Drückt man die angewinkelten Beinchen in Richtung Bauch, kann die Luft nach oben und unten leichter entweichen. Man beugt und streckt beide Beine mehrmals hintereinander.
*Anmerkung:
Baby-Wärmflaschen sind meist in niedliche Plüsch(tier)- Bezüge verpackt, und auch bei den Kirschkernkissen für die Kleinsten reicht eine einfache Hülle aus Baumwollstoff meist nicht. Doch gerade in manchen der Bezüge stecken problematische Stoffe, die auf Babyhaut nichts zu suchen haben (Jahrbuch Kleinkinder 2015 Ökotest). Kirschkernkissen sind unempfindlich gegen Feuchtigkeit und Schimmel; ihre trockene Wärme gilt als besonders angenehm und wirksam.
Kissen mit Körnerfüllungen passen sich gut dem Körper an; sie dürfen allerdings in der Mikrowelle nie überhitzt werden (Gefahr der Selbstentflammung). Ein weiteres Problem: Körnerkissen müssen gut gelüftet und trocken sein, sonst bilden sich Schimmelpilze. Alle Wärmemittel sollten am besten in ein Tuch eingeschlagen und vor allem niemals heiss gemacht werden. Prüfen Sie die Temperatur an der Innenseite Ihres Handgelenks.
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Auch wenn Babys zur Muttermilch/Anfangsnahrung eigentlich keinen Tee brauchen, kann bei andauerndem Bauchweh etwas ungesüsster (!) Tee einen Versuch wert sein. Der Klassiker ist Fencheltee, der mit seinem angenehmen Geschmack gern akzeptiert wird. (Dosierung beachten: Kinder bis elf Jahre nicht mehr als 1,0 µg pro Kilogramm Körpergewicht und Tag) Auch der süssliche und krampflösende Roiboostee ist für Babys geeignet. Zahlreiche Teemischungen (Kümmel, Anis, Kamille, Fenchel) für Säuglinge ab der ersten/zweiten Woche sind fertig zu kaufen. Wird der Säugling gestillt, kann man vor dem Trinken vorsichtig mit einem Löffelchen zwei Teelöffel Fencheltee geben. Alternativ wird stillenden Müttern geraten, selbst Fenchel- und Kümmeltee zu trinken – das soll Babys Blähungen verhindern, klappt aber oft nicht. Flaschenkinder bekommen fünf Teelöffel Fencheltee zur Milch. Es gibt aber auch Fälle, bei denen die Tees die Blähungen verschlimmern. Pfefferminztee ist für Kinder unter drei Jahren strikt verboten. Das darin enthaltene Menthol kann bei den Kleinen zu Atemstillstand führen.
Leidet das Kind häufig unter Blähungen, wird stillenden Müttern vielfach geraten, die eigene Nahrung umzustellen. Das geht vom Verzicht auf blähende Speisen, säurehaltige Obstsorten, Milch- und Vollkornprodukte bis zu extremen Diäten. Diese Auffassung gilt heute als veraltet. Moderne Stillberaterinnen meinen, das Baby kenne das, was die Mutter isst, bereits über das Fruchtwasser aus der Zeit der Schwangerschaft. Und noch hat kein Labor durch Untersuchungen der Muttermilch feststellen können, von welcher Nahrungsmittelgruppe die Stillende gegessen hat.
Manche Säuglinge – die Zahlen schwanken zwischen 16 und 25 Prozent – scheinen verstärkt unter Bauchschmerzen zu leiden. Sie weinen herzzerreissend und unaufhörlich – und bringen die hilflosen Eltern zur Verzweiflung. Das Geschrei beginnt in den späten Nachmittagsstunden und dauert stundenlang. Das Phänomen, das meist ab der zweiten Lebenswoche beginnt und in der Regel nach drei bis vier Monaten von alleine aufhört, kennt man unter dem Begriff Dreimonatskolik oder auch Schreibaby. Die Ursache der Dreimonatskoliken, von denen Still- und Flaschenkinder gleichermassen betroffen sind, ist nach wie vor nicht geklärt.
Auch ist nicht gesichert, ob tatsächlich Krämpfe/ Koliken vorliegen. Neu-medizinisch spricht man daher weniger von Dreimonatskoliken als von «Regulationsstörungen ». Das anhaltende Schreien steigert die Luft im Bauch und damit das Unwohlsein zusätzlich, und das Baby kann dann kaum noch beruhigt werden. In den allermeisten Fällen liegt keine organische Krankheit oder Fehlbildung vor, die Kleinen sind gesund und gedeihen gut. Sicherheitshalber wird Eltern von Schreibabys jedoch geraten, die Kleinen der Kinderärztin vorzustellen.
Experten gehen davon aus, dass die Gründe für die Regulationsstörung in einem Mix aus Verdauungsbeschwerden, Anpassungsschwierigkeiten und Reizüberflutung beim Baby sowie psychosozialen Problemen, Stress, Überforderung und Übermüdung bei den Eltern liegen.
Verständlich, dass entnervte Eltern von Schreibabys die Hilfe von Arzneien suchen. Angeboten werden Entschäumer-Tropfen, die die Gasblasen im Bauch auflösen sollen, homöopathische Kümmelzäpfchen oder Chamomilla-Globuli. Hebammen und Stillberaterinnen wissen aber auch: Es gibt keine Wundermittel, die Dreimonatskoliken abstellen.
Nach sechs bis sieben Monaten und den ersten Zähnchen müssen die Kleinen auch mit anderer Nahrung als Milch zurechtkommen. Da zu dieser Zeit das Verdauungssystem, die Nierenfunktion und der Stoffwechsel bereits gut entwickelt sind, wird die Beikost in der Regel gut vertragen. Günstig ist, zusätzlich Wasser oder auch mal ungesüssten Fencheltee anzubieten, dann kommt keine Verstopfung auf.
Gegen Ende des ersten Lebensjahres sind die Sprösslinge auf dem Boden unterwegs, sie robben auf dem Bauch, rutschen auf dem Po oder kommen auf allen Vieren vorwärts. Draussen sind Gras, Sand und Matsch interessant, drinnen flitzen sie in alle Ecken und Winkel, fassen alles an und stecken alles in den Mund. Dabei können Staub, Schmutz und Keime in den kleinen Körper gelangen. Davon kann es nicht nur im Bauch rumoren, möglicherweise lösen die Erreger auch eine (fiebrige) Infektion aus. Weil Kinder auch Dreck oder sogar Kot in den Mund nehmen, können eventuell Würmer in den Darm gelangen. Die sind eklig, aber ungefährlich. Dennoch können sie Bauchschmerzen oder Juckreiz am After verursachen. Ärztliche Fachpersonen wissen, was in diesen Fällen zu tun ist.
Aus vielen Studien weiss man, dass Kinder, die mit einer gewissen Dosis Schmutz und Keimen aufwachsen (z.B. auf einem Bauernhof), wesentlich seltener von Allergien betroffen sind. Deshalb kann man getrost auf antibakterielle Reinigungsmittel verzichten, denn sie vernichten auch unbedenkliche Bakterien, die das Immunsystem trainieren. In einem Haushalt mit mehreren Kindern oder Haustieren ist porentiefe Reinigung sowieso Illusion.
Zwischen zweieinhalb und vier Jahren lernen Kinder, «sauber» zu werden. Manchmal fällt die Umgewöhnung nicht leicht, die Kleinen weigern sich, aufs Töpfchen oder die Toilette zu gehen, wollen aber andererseits auch nicht mehr ständig Windeln tragen und warten mit dem grossen Geschäft, bis Mama ihnen eine Windel anzieht. Folge kann eine Verstopfung sein, die irgendwann dann auch schmerzt. Hier helfen mehr trinken, faserreiche Nahrung und gekochte Äpfel (Karotten[saft] und Bananen stopfen!); auch homöopathische Mittel wirken abführend; Laktase oder Milchzucker (Laktose) machen den Stuhl weicher.
Tatsächlich können seelische Probleme bei kleinen Kindern Bauchweh verursachen. Besondere Anspannung, Kummer oder Angst führen zu echten Bauchschmerzen, auch wenn keine organische Ursache zu finden ist. Die Schmerzen sind in der Regel nicht so stark, und die Kinder haben noch andere Beschwerden, etwa unruhigen Schlaf und wenig Appetit. Im Kindergartenalter sind nicht selten Trennungsängste ursächlich, bei Schulanfängern Leistungsdruck und Furcht vor Versagen, Kritik oder Ausgrenzung. Kinder in dem Alter können ihre Ängste oft noch nicht benennen; die Erziehenden müssen die Beschwerden jedenfalls ernst nehmen und dann einen Weg finden, Vertrauen und Wärme zu vermitteln, ohne die Kleinen zu verhätscheln. Denn auch die Extraportion Aufmerksamkeit und Zuwendung, die das kranke Kind erlebt, kann dazu beitragen, dass die Beschwerden unbewusst aufrechterhalten werden. Entspannungs-/Atemübungen können Kindern (und Eltern) Erleichterung bringen, bei schwierigeren Konstellationen sind Gespräche mit Therapeuten eine gute Hilfe.
Sowohl bei den Allerkleinsten als auch bei grösseren Kindern sind bei Bauchschmerzen ärztliche Untersuchungen zwingend notwendig. Nur die Kinderärztin kann die Ursachen der Beschwerden eruieren. Die Faustregel lautet: Wenn Eltern das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt, sollten sie dem Gefühl vertrauen und beim Facharzt Rat suchen.