Frauen, die die Antibabypille nehmen, wissen, dass dieses Medikament ihren Hormonhaushalt stark beeinflusst. Neue Fragen tauchen meist auf, wenn es Richtung Wechseljahre geht. Sollte man die «Pille» jetzt absetzen? Oder nimmt man sie weiter, weil damit die für diese Lebensphase typischen Beschwerden viel seltener auftauchen? Und merkt man überhaupt, dass man in den Wechseljahren ist, wenn man die «Pille» nimmt?
Autorin: Annette Willaredt
Viele Frauen nehmen die Antibabypille auch dann noch, wenn ihre Familienplanung abgeschlossen ist. Es gibt verschiedene Präparate, aber alle haben einen ähnlichen Wirkmechanismus. Die «Pille» enthält künstliche Hormone, die den natürlichen, weiblichen Geschlechtshormonen sehr ähnlich sind. Diese synthetischen Hormone greifen stark in den weiblichen Hormonhaushalt ein: Sie verhindern, dass im Eierstock ein Ei heranreift. Dadurch kommt es in diesem Zyklus nicht zu einem Eisprung, die Frau kann nicht schwanger werden. Zusätzlich unterdrücken die Hormone bis zu einem gewissen Grad den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Dadurch wird das Einnisten eines Eis unmöglich. Die Monatsblutung (Abbruchblutung) fällt deshalb üblicherweise etwas schwächer aus. Und noch einen Effekt bewirken die Hormone in der «Pille»: Der Schleim im Gebärmutterhals verdickt sich und wird sehr zähflüssig; damit ist er für Spermien schier undurchdringlich. Das senkt das Risiko für eine Schwangerschaft zusätzlich.
Geht es in Richtung Wechseljahre, stellt sich der Körper jeder Frau um. Die Eierstöcke arbeiten weniger, es reift immer seltener ein befruchtungsfähiges Ei heran. Gleichzeitig produzieren die Eierstöcke weniger Östrogen. Diese Veränderung im Hormonhaushalt führt zu den typischen Beschwerden in dieser Lebensphase. Dazu zählen vor allem Hitzewallungen, Schweissausbrüche, Schlafstörungen, Reizbarkeit und vieles mehr.
Zahlreiche Frauen denken, dass die Einnahme der «Pille» all diese Probleme verhindern kann. So ist das aber nicht. Die wechseljahresbedingten Veränderungen des Körpers finden auch bei jenen statt, die dieses Medikament nehmen. Fast alle Frauen spüren deshalb trotz der «Pille», dass die Wechseljahre beginnen. Und es kommt auch oft zu ganz typischen Symptomen.
So wird auch bei Frauen, die die «Pille» nehmen, der Zyklus in den Wechseljahren üblicherweise unregelmässiger. Die Menstruation kann jetzt mal stärker und mal schwächer ausfallen. Viele beobachten zudem, dass sich die Farbe der Blutung ändert, sie kann etwas heller werden. Sehr viele Frauen, die die «Pille» nehmen, stellen fest, dass sich ihre Stimmungslage verändert. Sie sind reizbarer, nicht mehr so gelassen wie gewohnt. Nervosität kann dazukommen. Auch Schlafstörungen sind nicht selten. Ausserdem haben viele Frauen jetzt das Gefühl, nicht mehr so belastbar zu sein.
Auch die für die Wechseljahre so typischen Hitzewallungen und Schweissausbrüche tauchen oft trotz der «Pille» auf und sind ein sicheres Indiz, dass die Wechseljahre begonnen haben. «Pille» = weniger Beschwerden: Diese Gleichung geht leider nicht auf. Viele Frauen haben trotz der «Pille» starke Symptome.
Es gibt allerdings auch Frauen, die gar keine Wechseljahresbeschwerden entwickeln. Es kann sein, dass die «Pille» diese in diesen Fällen unterdrückt. Was aber niemand sicher weiss. Es ist möglich, dass eine beschwerdefreie Frau, die die «Pille» auch ohne das Medikament mühelos durch die Wechseljahre kommt. Die Korrelation lässt sich einfach nicht sicher behaupten.
Frauen, die die «Pille» schon viele Jahre nehmen und gut vertragen, können sie bis etwa 52 Jahre einfach weiternehmen. Dann ist es ratsam, das Medikament abzusetzen – auch um festzustellen, ob die Wechseljahre bereits in vollem Gang sind und ob überhaupt Beschwerden auftreten. Es gibt aber auch viele Frauen, die erst mit 40, 45 Jahren darüber nachdenken, die «Pille» zu nehmen. Sie wollen so gleichzeitig verhüten und mögliche Wechseljahressymptome verhindern. Das ist allerdings keine optimale Strategie.
Die Hormonkombinationen in der Antibabypille sind passend zur Verhütung, aber eben nicht für die Behandlung von Wechseljahresbeschwerden. Ratsamer ist, in Absprache mit der Gynäkologin eine Therapie gegen Wechseljahresbeschwerden einzuleiten. Gut geeignet sind dafür die sogenannten bioidentischen Hormone. Welche Behandlung die richtige ist, muss immer individuell abgeklärt werden.
Frauen, die überlegen, die «Pille» abzusetzen, sollten sich im Klaren darüber sein, dass sie dann auch schwanger werden können – selbst, wenn sie längst in den Wechseljahren sind. Dass eine Frau über 50 Jahre nicht mehr schwanger werden kann, ist erst sicher, wenn ihre letzte Blutung ein Jahr zurückliegt (Menopause). Bei Frauen unter 50 sind es sogar zwei Jahre. Das einzuschätzen ist während der Einnahme der Pille allerdings unmöglich, weil die Hormone für Abbruchblutungen sorgen.
Sinnvoll ist es deshalb, nach dem Absetzen der Pille auf andere Verhütungsmethoden auszuweichen, bis die Frau wirklich sicher sein kann. Möglich ist zum Beispiel das Einsetzen einer Spirale ohne Hormonbeschichtung. Eine weitere Möglichkeit ist die Benutzung eines Diaphragmas. Der rein mechanische Schutz wird vor dem Verkehr in die Scheide geschoben und verschliesst den Muttermund. Zusätzlich sollte eine spermienabtötende Creme verwendet werden. Und man kann Kondome verwenden. Natürliche Verhütungsmethoden wie das tägliche Messen der Körpertemperatur und die Kontrolle des Cervixschleims sind zu Beginn und in den Wechseljahren nicht mehr sehr aussagekräftig, weil die Zyklen nicht mehr stabil sind. Tritt kein Eisprung auf, gibt es auch keine typische Temperaturveränderung.
Zuletzt aktualisiert: 01-05-2023