Etliche Pflanzen halten das ganze Jahr über einen Schatz bereit, selbst im Winter: ihre Wurzeln. Sie sind angereichert mit Substanzen, die unserer Gesundheit nutzen können. Zahlreiche traditionelle Heilmittel basieren auf Rezepturen mit der Essenz der Wurzelkraft.
Autorin: Andrea Pauli, 11/21
Der Echte Alant kann bis zu zwei Meter gross werden. Von Juli bis September zeigt er leuchtend gelbe Blütenkörbchen. Für die Ernte sollte die Wurzel mindestens zwei bis drei Jahre alt sein – erst dann ist sie kräftig genug. Das Teilen der Wurzelstöcke macht dem Alant nichts aus; ein Stück der Wurzel kann man nach dem Teilen wieder einpflanzen. Länglich, knollenartig verdickt, faserig, innen weisslich-gelb, aussen hellbraun: Das sind typische Merkmale der Alant-Wurzel.
Was tun:
Nach dem Ausgraben sollte man die Wurzel gründlich waschen, in Scheiben schneiden und auf einem Leinentuch rasch an einem warmen, luftigen Ort trocknen. Man kann sie auch in Streifen schneiden und an einer Schnur aufgehängt über einem Heizkörper oder am eingeheizten Ofen trocknen.
Wozu nutzen:
Alantwurzel wird traditionell eingesetzt bei Magenschwäche, Durchfall und gegen Verschleimung der Atemwege, aber auch gegen Appetitlosigkeit und Blähungen etc.
Wie anwenden:
1,5 bis 2 g geschnittene, getrocknete Alantwurzel in 200 ml Wasser zum Kochen bringen, 10 Minuten auf kleiner Flamme leicht köcheln. Aufguss abgiessen, abkühlen, dann in kleinen Schlucken trinken (pro Tag nicht mehr als drei Tassen und nicht länger als vier Wochen täglich; zu hohe Dosierung kann Erbrechen oder Durchfall auslösen. Personen mit einer Allergie gegen Korbblütler sollten Alant meiden.
Auch der Baldrian kann bis zu zwei Meter hoch wachsen. Im Juni finden sich an den Stängelspitzen «Trugdolden» mit weiss-rosa Blüten. Der Wurzelstock kommt ungewöhnlich daher mit vielen feinen, dünnen Verzweigungen – also Vorsicht beim Ausgraben.
Was tun:
Gründlich unter fliessendem, lauwarmem Wasser abwaschen. Vorsicht: In den langen, feinen Wurzeln können mitunter kleine Steinchen hängen. In kleine Stücke schneiden und auf einem Leinentuch am warmen Ofen oder Heizkörper trocknen.
Wozu nutzen:
Baldrian wird traditionell gegen Unruhezustände und Schlafstörungen eingesetzt, lindert Stressbeschwerden und Überreizungen.
Wie anwenden:
Als Entspannungstee mit weiteren Ingredienzen; dazu 1 Teil getrocknete Baldrianwurzel mit 2 Teilen Kamillenblüten, ½ Teil Lavendelblüten und 1 Teil Melissenblätter (allesamt getrocknet) vermischen. Für eine Tasse Tee 1 TL davon in eine Tasse geben, mit kochendem Wasser übergiessen. Abfiltern und trinken. Nicht mehr als drei Tassen täglich und nicht länger als drei bis vier Wochen anwenden; danach empfiehlt sich eine einmonatige Pause.
Die krautige, ausdauernde Brennnessel kann rund 70 cm hoch werden und ist allseits aufgrund ihrer Brennhärchen «gefürchtet». Idealerweise sammelt man die Wurzeln nach einer ersten Frostphase, damit die ganze Kraft der Pflanze in der Wurzel steckt. Die Wurzeln sind erst nach dem zweiten oder dritten Wachstumsjahr gross genug und in tieferen Grund vorgedrungen. Aus dem ausdauernden Wurzelstock (Rhizom), der verholzt, entstehen viele waagrecht kriechende Ausläufer.
Was tun:
Wurzel behutsam ausgraben und unter fliessendem Wasser reinigen. In kleine Stücke schneiden, in der Nähe eines warmen Ofens oder Heizkörpers luftig trocknen.
Wozu nutzen:
Die in der Wurzel vorkommenden hormonähnlichen Stoffe wirken entzündungshemmend, helfen bei Reizblase und Prostatabeschwerden. Auch bei Haarausfall und übermässigen Kopfschuppen wird Brennnesselwurzel eingesetzt.
Wie anwenden:
2 TL getrocknete Wurzelstücke mit 200 ml kochendem Wasser übergiessen, 10 bis 15 Minuten ziehen lassen, abseihen und trinken.
Der umfassende Gesundheits-Newsletter von A.Vogel erscheint 1 x pro Monat und enthält Informationen, Tipps, Wettbewerbe und vieles mehr – rund um alle Gesundheitsthemen.
Die goldgelben Korbblütler leuchten im Frühling wie kleine Sonnen aus den Wiesen. Löwenzahnwurzeln können im Herbst wie auch im Frühjahr geerntet werden. Für eine bessere Ausbeute sind die Herbstwurzeln zu bevorzugen, da sie um einiges dicker und ergiebiger sind. Die Löwenzahnwurzel stärkt vor Beginn der kalten Jahreszeit noch mal Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse.
Was tun:
Wurzel vorsichtig ausgraben, so dass sie möglichst unverletzt ist und kaum Milchsaft ausfliesst. Gründlich waschen und auf einem Leinentuch trocknen.
Wozu nutzen:
Der Löwenzahn ist ein Multitalent, aktiviert den Stoffwechsel und hilft bei der Entgiftung. Die Löwenzahnwurzel zählt zu den Probiotika, die eine günstige Bakterienflora im Magen-Darm-Trakt unterstützen. Indigene Völker setzen eine Abkochung aus Löwenzahnwurzeln bei Magenschmerzen ein. Im Herbst enthält sie reichlich Inulin, ein wasserlöslicher Ballaststoff, den viele Pflanzen in ihren Knollen und
Wurzeln als Energiereserve einlagern. Inulin fördert das Wachstum und die Aktivität der «guten» Darmbakterien beim Menschen.
Wie anwenden:
Löwenzahnwurzel vorsichtig ausgraben (nicht brechen, damit der wertvolle weisse Milchsaft nicht ausfliesst). Mit einer Bürste reinigen und kurz abspülen. Als Gemüse sollte man die Wurzeln allerdings entbittern, indem man sie vorab in Salz- oder Essigwasser einlegt oder in Wasser mit Salz, Essig oder Zucker kocht. Danach warm abspülen und nach Belieben mit anderem Gemüsevermischt und gewürzt servieren. Als Tee: Ein zeigefingerlanges Stück in grobe Teile schneiden, mit 1 Liter heissem Wasser übergiessen, 10 Minuten ziehen lassen. Den Tee warm geniessen. Getrocknete Wurzeln gleicher Menge mit 1 Liter Wasser kochen und abgedeckt 10 Minuten ziehen lassen.
Das scharfe Gewürz Meerrettich kennen viele Menschen nur aus der Tube oder dem Glas. Dabei ist frische Meerrettichwurzel so etwas unglaublich Gutes und eine Köstlichkeit voller Heilkraft. Kräftige dunkelgrüne Blätter und zarte weisse Blüten zieren das Kreuzblütengewächs im Sommer. Die walzenförmige Pfahlwurzel wird bis zu 50 cm lang und bis zu 5 cm dick. Die gerillte, vielköpfige Wurzel ist aussen schmutzig gelblich, innen faserig weiss. Am Wurzelende verzweigen sich oft noch Seitenwurzeln.
Was tun:
Vorsichtig ernten (lieber nicht mit dem Spaten). Die Inhaltsstoffe gehen durch Trocknung schnell verloren. Besser also, man verarbeitet die sorgsam unter fliessendem Wasser gewaschene und mit einer Gemüsebürste abgeschrubbte Wurzel frisch bzw. friert sie umgehend ein. Frische Wurzeln lassen sich auch in einer Holzkiste mit feuchtem Sand bedeckt frostfrei und dunkel bis ins nächste Frühjahr lagern. In ein feuchtes Tuch eingeschlagen, bleibt die Meerrettichwurzel im Kühlschrank einige Wochen lang frisch.
Wozu nutzen:
Nachweislich sind die enthaltenen Senföle antibiotisch und antimykotisch (gegen Pilze) wirksam.
Wie anwenden:
Ein Stück Meerrettichwurzel auf der Küchenreibe reiben und in ein Schraubglas geben. Mit der doppelten Menge Honig auffüllen. Über Nacht stehen lassen und dann abfiltern. Ideal bei Husten! Dosierung: Dreimal täglich 1 TL einnehmen (Kleinkinder ausgenommen!).
Der Ehrenkodex:
Wenn man eine Wurzel erntet, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die Pflanze nicht weiterleben wird – Respekt und Dankbarkeit der Natur gegenüber kann folglich nicht schaden. Von allerlei Wurzeln kann man aber auch Abschnitte im Boden zurücklassen, die dann wieder austreiben.
Der Boden:
Er sollte gut abgetrocknet sein, damit möglichst wenig Erde anhaftet.
Das Handwerkszeug:
Traditionell werden Wurzeln mit einem kleinen Geweih geerntet, aber das kann recht mühselig sein. Alternativ hebt man sie mit einer sogenannten Grabegabel respektive einem kleinen Spaten aus. Man kann das Handwerkszeug auch kombinieren und das Geweih an der empfindlichen Stelle der Wurzel, wo sie sich verzweigt, verwenden. Das mindert die Gefahr, dass man die Wurzel verletzt.
Hat man alle Wurzelanteile freigelegt, hebelt man sie aus der Erde und befreit sie gleich schon mal vorsichtig von gröberen Erdanhaftungen.
Hinterlassenschaft:
Man sollte es den indigenen Völkern nachtun und den Platz, an dem man gegraben hat, sorgsam so zurücklassen, als sei man gar nicht dagewesen. Und keine Frage: Man verzichtet der Natur zuliebe natürlich darauf, alles «abzugrasen», was sich an einer guten Stelle finden lässt!
Transport:
Nach Hause transportiert man Wurzeln am besten in einem Leinenbeutel oder Korb, keinesfalls in einer Plastiktüte.
Mit der Wäsche muss man manche Wurzeln ggf. auch bürsten, damit sämtliche Erde entfernt wird. Reicht die Gemüsebürste nicht für feinste Verästelungen, kann man auch eine Zahnbürste zu Hilfe nehmen.
Wurzeln sollten an einem warmen Platz (keine Feuchtigkeit!) getrocknet werden. Bei natürlicher Trocknung brauchen sie ca. drei Wochen. Man kann auch eine künstliche Trocknung im Backofen (30-40 °C), besser noch im Dörrapparat, in Betracht ziehen.