Seit einiger Zeit stehen in den Regalen der Lebensmittelmärkte neben Kartoffelchips auch bunte Tüten mit Knabbereien aus Erbsen, Linsen, Kichererbsen und anderen Gemüsen. Oft versprechen sie, deutlich weniger Fett zu enthalten als «herkömmliche Kartoffelchips». Beworben werden sie vollmundig als «aufregend anders», «unbeschwerter Genuss» und als «Snack fürs gute Gewissen». Knabbern, ohne sich um die schlanke Linie sorgen zu müssen, gesundes Gemüse knuspern statt fettiger Snacks – das wäre doch schön. Wir haben genauer hingeschaut.
Autorin: Claudia Rawer
Auf der Liste stehen Produkte des Schweizer Familienunternehmens und Marktführers Zweifel, der mit einer Reihe von Snacks auf Basis von Kichererbsen, Erbsen, Bohnen und Süsskartoffeln voll im Trend liegt. Das deutsche Familienunternehmen Lorenz, das auch international tätig ist, bietet Kichererbsenchips in zwei Geschmacksrichtungen an.
Trotz der Selbstbeschreibung «Ursprung auf einem kleinen Bauernhof in den Niederlanden» gehört die Biomarke De Rit zur Allos Hof-Manufaktur GmbH aus Bremen. De Rit hat unter anderem mehrere Gemüsechipssorten im Angebot; in der Schweiz laut der Zeitschrift «Saldo» bei Alnatura erhältlich. In Deutschland erfolgt der Vertrieb über das Internet. Alnatura selbst bietet ausser Kartoffelchips auch Linsenflips an.
You ist eine Eigenmarke der Migros, die für «ernährungs- und trendbewusste Kunden» drei Sorten Hummus-, also Kichererbsen-Chips, sowie Quinoa-Chips im Programm hat. Die gesamte Produktlinie soll laut Migros für «Genuss und Wohlgefühl» stehen; die Produkte «zum Beispiel besonders reich an Protein- oder Ballaststoffen sein ... oder einen tiefen Zucker- bzw. Fettgehalt aufweisen».
Die Bio-Zentrale mit Sitz in Bayern ist der einzige Hersteller, der neben einigen Snacks aus Erbsen, Linsen und Kichererbsen auch Chips im Angebot hat, die nicht aus Hülsenfrüchten gemacht sind.
In den Tüten stecken zwischen 75 (Alnatura) und 100 Gramm (You).
Die Länge einer Zutatenliste sagt sehr viel über ein Lebensmittel aus. Einfache Regel: Je kürzer, desto besser. Das gilt auch für Gemüsechips.
Vier Beispiele, drei gute und ein schlechtes: Die Alnatura Linsenflips bestehen nur aus fünf Zutaten: 80 Prozent Linsen, Sonnenblumenöl und Gewürze. Die Bio-Zentrale-Gemüsechips und der Vaya Bean Salt Snack haben jeweils neun Zutaten. Vier davon sind oder stammen aus Gemüse: Chioggia-Bete, lila Süsskartoffel, Pastinake und Kartoffel bei Bio-Zentrale; Kichererbsenmehl, grüne und gelbe Erbsen sowie schwarze Bohnen bei Zweifel. Zur Säureregulation dient Zitronensäure respektive Rosmarinextrakt.
Die Lorenz Kichererbsen-Chips sour cream & onion dagegen setzen sich aus 18 Zutaten zusammen, wovon nur drei aus Gemüse stammen, nämlich Kichererbsenmehl, Kartoffelflocken und (indirekt) Erbsenproteinisolat. Lorenz benutzt für diese Chips auch gleich drei Säureregulatoren.
Die Menge des Fetts pro 100 Gramm variiert bei den getesteten Produkten sehr stark. Spitzenreiter sind mit 33 Gramm die Gemüsechips der Bio-Zentrale, gefolgt von den You-Produkten mit 24 Gramm. Die De-Rit-Kichererbsen-Chips kommen immerhin noch auf 20 Gramm Fett. Bei einer empfohlenen Maximalmenge von 65 Gramm Fett pro Tag für einen durchschnittlichen Erwachsenen ist das viel zu viel.
Die Lorenz- sowie die Vaya-Produkte von Zweifel werden als fettreduziert bezeichnet. Lorenz Kichererbsen-Chips tragen die Aufschrift «55 % weniger Fett als herkömmliche Chips». Bei den Vaya-Snacks von Zweifel heisst das «40 % weniger Fett als herkömmliche Snacks». Verglichen mit den eigenen Produkten halten beide Firmen die Vorgabe ein. Dennoch sind auch 13 oder 14 Gramm Fett zusätzlich zu einer normalen Ernährung üppig. Zumal sich die Fettreduzierung kaum auf die Kalorienmenge auswirkt: die Lorenz-Chips haben nur 22 Prozent weniger Kalorien als das Vergleichsprodukt, bei Zweifel sind es gute 23 respektive knapp 27 Prozent weniger Kalorien.
De Rit erlaubt sich übrigens eine pikante Variante des Themas Fett. Der Hersteller bewirbt seine Kichererbsenchips mit der Formulierung «30 % weniger gesättigte Fettsäuren als herkömmliche Kartoffelchips». Die ungesunden gesättigten Fettsäuren machen -jedoch bei allen untersuchten Sorten nur zwischen einem und zwei Prozent des Gesamtfetts aus.
Täglich höchstens sechs Gramm Kochsalz lautet die Empfehlung der Ernährungsgesellschaften für Erwachsene. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, fünf Gramm Salz pro Tag seien schon genug, da Salz das Risiko für Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern kann. Ballaststoffe hingegen sollen wir reichlich zu uns nehmen, mindestens 30 besser sogar 40 Gramm pro Tag für einen Erwachsenen. Ballaststoffe regen die Verdauung an und unterstützen eine gute Darmflora.
Beim Salz sind die You Chips Lentils Nature mit üppigen drei Gramm Spitzenreiter, gefolgt von den De Rit Bean Sticks und den Lorenz Kichererbsen-Chips mit jeweils 2,6 Gramm Salz. Aber auch alle anderen Produkte liegen zu hoch. Allenfalls könnte man die Salzgehalte der Bio-Zentrale Gemüsechips und der beiden Zweifel-Kartoffelchips-Produkte, die wir zum Vergleich herangezogen haben, noch als vertretbar bezeichnen – aber auch nur, wenn man nicht die ganze Tüte isst.
Was die Ballaststoffe angeht, liegen nur drei der Chips-Produkte im zweistelligen Bereich.
Auch Chips aus Gemüse (Ausnahme: selbst gemachte, siehe unsere Rezepte mit Randen oder Federkohl) können also nicht als gesunde Knabberei gelten. Sie sind in aller Regel zu fett, enthalten zu viel Salz und haben kaum weniger -Kalorien als klassische Kartoffelchips. Dazu kommen bei einigen Herstellern etliche Zusatzstoffe. Der Ballaststoffgehalt ist in den meisten Fällen zu vernachlässigen. Andererseits kann man sich für die 400 bis 500 Kilokalorien einer Tüte Chips ein üppiges Frühstück mit zwei Eiern (je nach Grösse 70 bis 90 kcal), einer Scheibe Vollkornbrot (113 kcal) und 20 Gramm Butter (zum Braten und/oder aufs Brot, 148 kcal) leisten. Oder auch einen Teller mit 200 Gramm Vollkornspaghetti (100 Gramm roh 320 kcal), 300 Gramm Cherrytomaten (63 kcal), viel frischem Basilikum und einem Esslöffel Olivenöl (120 kcal). Guten Appetit!
Lange bevor gesunde Ernährung zum Trendthema wurde, war Alfred Vogel der Meinung, dass die Ernährung die Basis für unsere Gesundheit bildet – und dass, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Die Rezeptideen von Assata Walter sind deshalb nicht nur saisonal, frisch und leicht umzusetzen, sie enhalten auch immer einen Ernährungstipp, der Ihnen hilft, sich natürlich und gesund zu ernähren.
Zuletzt aktualisiert: 12-01-2024