Das aus dem Myrrhenbaum gewonnene Gummiharz Myrrhe weist ein grosses Wirkungsspektrum gegen Entzündungen im Mund- und Rachenraum sowie gegen entzündliche Darmerkrankungen auf. Der Baum wurde zur Arzneipflanze des Jahres 2021 gekürt.
Der aus der Familie der Balsambaumgewächse stammende Myrrhenbaum (Commiphora myrrha oder Commiphora molmol) ist in den Trockengebieten des nordöstlichen Kenias und östlichen Äthiopiens, in Dschibuti/Somalia sowie auf der arabischen Halbinsel heimisch. Commiphora myrrha wächst als laubabwerfender, stämmiger Strauch oder kleiner Baum, der bis zu 4 Meter hoch werden kann.
Für rituelle und medizinische Zwecke ist die Verwendung des aromatischen Harzes des Myrrhenbaumes bereits in den frühesten Aufzeichnungen der Menschheit belegt. Vor 2000 Jahren wurde Myrrhe vor allem äusserlich als Salböl gegen Husten und Bauchschmerzen angewendet. Aber auch als Parfum und Kosmetikum sowie zum Räuchern und als konservierendes Mittel wurde das Harz eingesetzt – ganz ähnlich wie der verwandte Weihrauch.
Myrrhe ist als traditionelles pflanzliches Heilmittel zugelassen. Verwendet wird das aus der Rinde von Stamm und Ästen von Commiphora molmol und/oder anderen Commiphora-Arten ausgetretene, an der Luft getrocknete Gummiharz. Myrrhe wirkt adstringierend, entzündungshemmend, schmerzlindernd, desinfizierend, blutungsstillend und antimikrobiell – vor allem bei Entzündungen der Haut sowie der Schleimhäute im Mund- und Rachenbereich. Nachgewiesen sind die Wirkung gegen E. coli-, Staphylococcus- und Pseudomonas-Bakterien sowie gegen Candida-Pilze.
Aber auch bei entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa kommt das Baumharz zur Anwendung. Medikamente mit Myrrhe setzen den Spannungszustand der „glatten“ Darmmuskulatur herab; dadurch verringert sich die Zahl der Darmkontraktionen und Darmkrämpfe werden gelindert. Weiterhin reduziert Myrrhe im Darm die entzündungsfördernden Prozesse, was das körpereigene Schutzsystem verstärkt. Wird Myrrhe mit Kaffeekohle und Kamille kombiniert, ist die antientzündliche Wirkung noch grösser. Damit konnte in einer randomisierten kontrollierten Studie der Kliniken Essen-Mitte eine vergleichbare Wirkung wie bei der synthetischen Standardmedikation gezeigt werden.
Auch bei Reizdarm (Durchfall-Typ) und Verdauungsstörungen sowie Bronchitis, Wechseljahresbeschwerden und Rheuma können Arzneimittel auf Myrrhebasis helfen.
In der Myrrhe-Droge sind ätherisches Öl (bis zu 10 %), Harze sowie Gummi enthalten. Da das Harz bereits über einige pharmakologisch interessante Substanzen verfügt, wird der gesamte Myrrhenbaum weltweit intensiv erforscht. Das ist mit ein Grund dafür, warum der interdisziplinäre Studienkreis «Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde» den Myrrhenbaum zur Arzneipflanze des Jahres 2021 gekürt hat.