Sie brennen, jucken und tränen, dazu kommt oft das Gefühl, als wären ein paar Sandkörner unter den Lidern – wenn die Augen trocken sind, kann das äusserst unangenehm sein. Häufig betroffen davon sind Frauen in und nach den Wechseljahren, denn die Hormonumstellung beeinflusst auch den Tränenfilm des Auges. Doch es gibt Hilfe.
Autorin: Anette Willaredt
Eine aktuelle Studie aus Spanien mit fast 2000 Teilnehmerinnen hat kürzlich ergeben, dass zwei Drittel aller Frauen in den Wechseljahren unter trockenen Augen leiden. Das ist eine sehr hohe Zahl. Und trotzdem wird über das Phänomen nur selten gesprochen. Doch wissen Frauen, was beim trockenen Auge – auch Sicca-Syndrom genannt – passiert und wie sich gegensteuern lässt, können sie die Symptome lindern und auch grösseren Augenproblemen vorbeugen.
Um zu verstehen, was bei trockenen Augen geschieht, hilft es, einen Blick auf das gesunde Auge zu werfen. Es produziert ständig Tränenflüssigkeit, die bei jedem Lidschlag auf der Augenoberfläche verteilt wird, sie benetzt und an ihr haftet. Dieser Tränenfilm hat drei Schichten. Direkt auf der Hornhaut liegt die Muzinschicht. Das ist eine Schleimschicht, die dafür sorgt, dass sich die Flüssigkeit gleichmässig verteilen kann. Es folgt eine wässrige Schicht. Sie enthält Nährstoffe, die das Auge versorgen. Und in ihr finden sich auch Abwehrstoffe, die mögliche Krankheitserreger bekämpfen, die an das Auge kommen. Die dritte Phase ist ein Fettfilm. Er verhindert, dass die anderen beiden Schichten abfliessen. Erzeugt werden die Tränen zum einen in den Tränendrüsen. In den Meibom-Drüsen, Talgdrüsen, die am Rand der Augenlider liegen, wird dazu eine ölige Flüssigkeit produziert, die die Fettphase des Tränenfilms bildet.
Dass es in den Wechseljahren vermehrt zu Augentrockenheit kommt, liegt an der Hormonumstellung in dieser Lebensphase. Zu nennen sind mehrere Effekte. Zum einen sinkt der Spiegel des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen. Dadurch verändern sich die Schleimhäute auch im Auge. Sie werden deutlich trockener. Auch die Tränendrüsen produzieren oft weniger Flüssigkeit. In der Folge passiert es leicht, dass der Tränenfilm aufreisst, also das Auge nicht mehr komplett bedeckt ist. Die Hornhaut ist dann nicht mehr so gut gegen Krankheitserreger geschützt. Auch Nährstoffe fehlen ihr. Aber auch die Produktion an Androgenen in den Eierstöcken sinkt. Androgene sind männliche Geschlechtshormone, die auch von Frauen in einem geringen Masse gebildet werden. Diese Androgene haben einen Einfluss auf die Talgdrüsen am Lidrand, also die Meibom-Drüsen. Dadurch kann sich die Zusammensetzung des Tränenfilms verändern. Fehlt es aber an Fetten im Tränenfilm, fliessen die Tränen ungehindert ab, sie werden nicht im Auge gehalten. Dadurch kommt es zu der paradoxen Situation, dass sich die Augen trocken anfühlen, sie aber trotzdem ständig tränen.
Neben diesen hormonellen Ursachen gibt es noch ein paar weitere Umstände, die das trockene Auge in allen Lebensphasen begünstigen. Viele Menschen halten sich vorwiegend in geschlossenen Räumen auf, deren Luft durch die Heizung oder eine Klimaanlage oft sehr trocken ist. Dazu arbeiten immer mehr Menschen an Bildschirmen. Doch beim konzentrierten Blick auf Handy, Computer oder Tablet blinzeln wir viel seltener als es zum Beispiel beim Spaziergang durch den Park der Fall ist. Die Folge: Der Tränenfilm wird nicht mehr regelmässig über die Hornhaut verteilt, er kann aufbrechen. Ausserdem fördert das Tragen von Kontaktlinsen das trockene Auge.
Mit trockenen Augen sollten Frauen vorsichtshalber immer zum Augenarzt gehen. Er kann feststellen, ob eine schwerwiegende Erkrankung dahintersteckt. Ebenfalls abgeklärt werden kann dabei, ob die trockenen Augen eine Nebenwirkung von Medikamenten sind. Doch in fast allen Fällen liegt es bei Frauen in den Wechseljahren „nur" an einer mangelnden Tränenproduktion oder einem nicht optimal zusammengesetzten Tränenfilm. Trotzdem sollten die Frauen das nicht hinnehmen, unbehandelt sind trockene Augen anfälliger für Entzündungen, zudem kann es leichter zu Verletzungen der Horn- und Bindehaut kommen. Gut helfen den Betroffenen meist Augentropfen, so genannte künstliche Tränen. Sie befeuchten die Augenoberfläche und können nach Bedarf angewendet werden. Sinnvoll sind Tropfen ohne Konservierungsstoffe, weil diese Substanzen das Auge ebenfalls reizen können. Für die Nacht gibt es Augensalben. Geeignete Präparate kann der Augenarzt empfehlen. Um die Meibom-Drüsen zu stärken, empfiehlt sich eine regelmässige Lidkantenpflege. Dazu morgens und abends feuchte Tücher oder Abschminkpads für fünf Minuten auf die Augen legen. Danach das Ober- und Unterlid mit einem Wattestäbchen sanft Richtung Lidkante ausstreichen. So lässt sich verdicktes Sekret aus diesen Drüsen streichen.
Zusätzlich können Frauen einige Tipps ausprobieren, die sich bei trockenen Augen bewährt haben. Wichtig ist es, für ein angenehmes Raumklima zu sorgen. Bei trockener Luft kann man Luftbefeuchter einsetzen oder alternativ feuchte Tücher aufhängen. Räume, in denen geraucht wird, sollte man meiden. Gut tut es den Augen, wenn sie in die Weite blicken, besonders wohltuend sind Spaziergänge im Grünen. Wer viel am Bildschirm sitzt, sollte auf Kontaktlinsen verzichten. Ebenfalls sehr zu empfehlen sind kleine Pausen, in denen man den Blick vom Bildschirm nimmt und einen weiter entfernten Punkt fixiert oder aus dem Fenster schaut. Danach ein paar Mal schnell blinzeln. Oder man macht eine kleine Augenübung. Dafür mit den Augen eine Minute im Uhrzeigersinn kreisen. Dann die Augen zehn Sekunden schliessen. Danach die Augen eine Minute gegen den Uhrzeigersinn kreisen. Die Augen wieder kurz schliessen.
Nicht zuletzt spielt auch die Ernährung eine Rolle. Ganz wichtig ist es, ausreichend zu trinken. Der Körper braucht Flüssigkeit, um ständig einen Tränenfilm zu bilden. Rund 1,5 Liter am Tag sollten es sein, an heissen Tagen oder bei einer schweisstreibenden Tätigkeit auch deutlich mehr. Am besten sind Mineralwasser und Früchtetees. Ein augenfreundlicher Speiseplan enthält täglich mehrere Portionen kräftig gefärbtes Obst und Gemüse. Sie liefern neben Vitaminen auch natürliche Farbstoffe, die aggressive freie Radikale abfangen, die dem Auge schaden könnten. Auch entscheidend sind Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, denn sie werden für die stabilisierende Schicht des Tränenfilms gebraucht. Besonders reich an diesen Fettsäuren sind Seefisch und hochwertige Pflanzenöle.