Wenn von den Wechseljahren gesprochen wird, denken die wenigsten daran, dass dabei auch die Leber eine Rolle spielt. Doch tatsächlich hat das Organ bei vielen Frauen Anteil an den typischen Beschwerden in dieser Lebensphase. Ist die Leber geschwächt, kann sie ihre Entgiftungsaufgabe nicht mehr optimal wahrnehmen – und das hat auch Einfluss auf den Hormonhaushalt.
Autorin: Annette Willaredt, 11/20
Die Leber ist das grösste und schwerste Organ im menschlichen Körper. Sie wiegt zwischen 1,4 und 1,8 Kilo und liegt rechts im Oberbauch. Zusammengesetzt ist das Organ aus Milliarden Zellen, den Hepatozyten. Mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden diese Zellen über die Leberarterie. Der zweite Zugang ist die sogenannte Pfortader. Sie transportiert das Blut aus Darm, Magen, Milz und Gallenblase in die Leber. Und mit diesem Blut kommen alle Nährstoffe aus der Nahrung, aber auch alle Giftstoffe in die Leber.
Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist das Herausfiltern von Giftstoffen aus dem Blut – nicht nur die aus der Nahrung, sondern auch die, die durch den Stoffwechsel entstehen. Ist die Leber mit diesen Substanzen fertig, wurden sie in unschädliche Stoffe umgewandelt und können dann über die Niere oder den Darm ausgeschieden werden.
Neben dieser Funktion ist die Leber auch massgeblich am Stoffwechsel beteiligt. Sie baut Stärke und Zucker aus der Nahrung zu Glucose ab, die dann dem Körper die nötige Energie liefert. Eiweisse werden hier in ihre Einzelteile, die Aminosäuren, zerlegt und je nach Bedarf des Körpers zu neuen Eiweissen zusammengesetzt.
Auch Fette zerlegt das Organ, nämlich in Fettsäuren und Glycerin. Sie dienen der Energieversorgung. Zudem werden aus ihnen komplexe Stoffe wie Cholesterin oder Hormone gebildet. Die Leber ist also auch eine Drüse, die bestimmte Hormone bildet. Und sie ist am Abbau anderer Hormone (Sexualhormone) beteiligt. Ausserdem produziert sie den Gallensaft, der für die Verdauung erforderlich ist. Und als wäre das noch nicht genug: Die Leber speichert auch Glucose als Glykogen. Wird schnell Energie benötigt, nimmt die Leber den Rückweg – sie macht aus Glykogen wieder Glucose. Das hat den Sinn, dass auch bei einer großen Anstrengung der ganze Körper und vor allem das Gehirn kontinuierlich mit Energie versorgt werden.
Jetzt kommen wir zum Nachteil dieser Speicherfunktion: Sind die Glykogenspeicher der Leber voll, wandelt sie die Glukose in Fett um. Es kann auf lange Sicht zu einer Fettleber kommen – der häufigsten Erkrankung des Organs. Eine solche Fettleber ist längst nicht nur die Folge von erhöhtem Alkoholkonsum, wie man früher annahm. Heute ist klar, dass Fehlernährung mit zu viel Zucker und Fett das Organ ebenfalls stark belasten.
Ein wirklich erstaunliches Organ also, die Leber. Doch was hat das alles mit den Wechseljahren zu tun? Da gibt es gleich mehrere Punkte. Zuerst hat der weibliche Körper in der fruchtbaren Phase eine Entgiftungsfunktion, die Männer nicht haben: die Menstruation. Die fällt in den Wechseljahren nach und nach ganz weg. Diese Arbeit geht nun ganz an die Leber. Damit das Organ seine zusätzlichen Aufgaben gut erledigen kann, muss der Körper gut mit einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren versorgt werden. Sie stecken z.B. in hochwertigen Pflanzenölen oder Nüssen. Weil die Leber ausserdem an der Herstellung und dem Abbau von Hormonen beteiligt ist, kann es zu einem hormonellen Ungleichgewicht kommen, besonders, wenn das Organ geschwächt ist.
Dass die Leber nicht ganz fit ist, fällt allerdings nicht so leicht auf. Im Inneren des Organs befinden sich keine Nerven, die Schmerzsignale senden könnten, wenn etwas nicht stimmt. Erkrankungen werden deshalb oft lange nicht entdeckt. Die Leber meldet sich, wenn überhaupt, nur mit sehr unspezifischen Beschwerden zu Wort. Dazu gehören Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Konzentrationsstörungen. Klappt es mit der Entgiftung nicht mehr richtig, kann Übelkeit auftreten, die sich vor allem morgens zeigt. Auch Hautunreinheiten sind möglich, weil der Körper versucht, über die Haut zu entgiften. Appetitlosigkeit, Blähungen, ein aufgetriebener Bauch und Juckreiz sind ebenfalls mögliche Lebersymptome. Erst wenn eine Lebererkrankung schon weiter fortgeschritten ist, kann auch eine Gelbsucht auftreten. Hier sind die Haut und/oder das Weisse der Augen gelblich verfärbt.
Um die Leber wieder fit zu machen, ist in aller Regel eine Änderung des Lebensstils erforderlich. Denn in den meisten Fällen ist eine zu süsse, zu fettige und zu salzige Ernährung, verbunden mit zu wenig Bewegung, schuld an einer „Verfettung" der Leber. Auch Alkohol, Medikamente, Schimmelpilze in Nahrungsmitteln oder Zusatzstoffe in industriell gefertigten Lebensmitteln belasten das Organ.
Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Kein Organ ist so regenerationsfähig wie die Leber. Tut man ihr Gutes, kann sie sogar bereits vorhandene Schäden reparieren und wieder ganz gesund werden. Ratsam ist eine ausgewogene Ernährung. Gemüse und Salate enthalten Ballaststoffe, die die Leber entlasten, weil sie im Darm Giftstoffe binden, die dann ausgeschieden werden. Richtig gut tun der Leber Bitterstoffe wie sie beispielsweise in Chicorée, Artischocken, Radicchio, Löwenzahn, Ingwer oder Kurkuma stecken.
Zu viel Fett und Süßes ist nicht empfehlenswert. Eine Ausnahme: einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren z.B. aus hochwertigen Pflanzenölen. Sie dürfen in den Wechseljahren reichlich genossen werden, weil sie die Leber unterstützen und weil sie auch Beschwerden wie trockener Haut entgegenwirken. Eiweiss aus tierischen Produkten verträgt die Leber schlechter als Eiweiss aus Pflanzen.
Viel trinken unterstützt die Entgiftungsarbeit der Leber. Am besten ist stilles Wasser, zwei Liter am Tag sollten es immer sein. Nicht erfreut ist die Leber über zu viel Alkohol. Ein Gläschen am Tag ist kein Problem, aber mehr sollte es nicht werden. Ärzte geben als Richtwerte für einen gesunden Mann höchstens 40 bis 60 Gramm Alkohol an. Das entspricht einem halben Liter Wein. Frauen dürfen nur die Hälfte trinken. Sehr wichtig ist auch Bewegung, sie sorgt für eine gute Durchblutung der Leber und bringt den Stoffwechsel auf Trab.
Weil der Körper auch sehr gut über die Haut entgiften kann, nimmt es der Leber viel Arbeit ab, wenn man mehrmals in der Woche richtig schwitzt. Das kann in der Sauna oder beim Sport sein. Sehr gut tun auch Basenbäder – sie entgiften entweder als Fuss- oder als Vollbad. Zusätzlich kann man einmal in der Woche einen Leberwickel machen. Dazu entweder für etwa 20 Minuten eine Wärmflasche auf den rechten Oberbauch legen. Oder ein gefaltetes Handtuch in heisses Wasser tauchen, auswringen, rechts auf den Oberbauch legen und mit einem trockenen Wolltuch 30 bis 40 Minuten wirken lassen. Mindestens 30 Minuten nachruhen.