Sie gehören zu den häufigsten Beschwerden, unter denen Frauen in den Wechseljahren leiden: Hitzewallungen. Tatsächlich ist es unangenehm, wenn plötzlich bei der Arbeit oder während eines privaten Termins die Wärme den Körper hochsteigt und man anschliessend schweißgebadet ist. Hilfe bringen können den Betroffenen kalte Güsse, Wechselduschen und andere Anwendungen nach Sebastian Kneipp.
Autorin: Anette Willaredt, 04/20
Wasser, Bewegung, Ernährung, Heilpflanzen und Lebensordnung: Auf diesen fünf Säulen ruht die Lehre von Sebastian Kneipp, dessen 200. Geburtstag im Mai 2021 gefeiert wird. Die verschiedenen Kneippschen Anwendungen sind empfehlenswert für Frauen in den Wechseljahren, besonders bei Hitzewallungen, aber auch bei einigen anderen Beschwerden.
Zur Wassertherapie gehören Bäder, verschiedene kalte Güsse, Waschungen, Wechselduschen, das Wasser- und das Tautreten. Das Prinzip all dieser Anwendungen sind kurze Kältereize, die im Organismus vielfältige Reaktionen auslösen. Setzt man eine Körperstelle der Kälte aus, registrieren das Messfühler in der Haut. Sie schicken diese Information an das Wärmeregulationszentrum im Gehirn. Weil der menschliche Körper darauf angewiesen ist, eine konstante Körpertemperatur zu halten, sorgt das Gehirn dafür, dass die Muskeln und die Organe jetzt Wärme erzeugen. Die wird mit dem Blut genau an jene Stelle geschickt, an der der Kältereiz gesetzt wurde. Das verbessert nicht nur die Durchblutung und die Versorgung des ganzen Körpers mit Sauerstoff. Auf diesem Weg werden auch die Blutgefässe und dazu die Wärmeregulation trainiert. Führen Frauen regelmässig Wasseranwendungen durch, fallen mit der Zeit die Hitzewallungen weniger stark aus oder verschwinden sogar ganz. Gleichzeitig versetzt die Kälte den Körper in leichten Stress. Der Spiegel der Stresshormone Cortisol und Adrenalin steigt dadurch kurz an. Regelmässige Kälteanwendungen gewöhnen den Körper an Stress. Auch das hilft den Frauen, denn Hitzewallungen und Schweissausbrüche in den Wechseljahren werden durch Stress gefördert.
Einige Wasseranwendungen nach Kneipp, die in den Wechseljahren sehr guttun, lassen sich bestens auch zuhause durchführen. Für einen optimalen Effekt macht man die gewählte Anwendung täglich. Ganz einfach für den Einstieg ist der wechselwarme Knieguss. Dazu in die Badewanne oder Dusche stellen; die Füsse sollen vor Beginn unbedingt warm sein. Ideal ist, wenn man einen richtigen Kneipp-Schlauch hat. Man kann aber auch den Duschkopf so einstellen, dass ein gebundener, nicht zu scharfer Strahl herauskommt.
Nun mit warmem Wasser am rechten Fuss aussen beginnen, den Strahl an der Aussenseite der Wade nach oben führen bis kurz über das Knie. Die Rückseite der Wade soll dabei auch umspült werden. Kurz innehalten, anschliessend den Strahl an der Innenseite der Wade nach unten zum Fuss führen. Als nächstes die Prozedur am linken Bein durchführen. Dann das Ganze mit kaltem Wasser wiederholen.
Nach weiteren zwei Wechseln kalt beenden. Am Schluss die Fusssohlen einmal kurz kalt abduschen. Der warme Guss soll pro Bein rund 60 Sekunden dauern, der kalte 15 bis 20 Sekunden. Je kälter das Wasser, desto kürzer der kalte Guss. Danach die Beine nicht abtrocknen, sondern nur das Wasser abstreifen. Ganz wichtig: Anschliessend mit Bewegung schnell aufwärmen oder sich ins Bett legen.
Der Schenkelguss läuft genauso ab, nur dass der Wasserstrahl dabei hinten bis über den Beckenkamm und vorne bis über die Leistenbeuge geführt wird. Anfänger brauchen sich übrigens nicht mit eisigem Wasser zu quälen. Für den Kältereiz muss das Wasser nur zehn bis zwölf Grad kühler sein wie die sogenannte Hautschalentemperatur, die bei 32 bis 35 Grad liegt. Das wären also 18 bis 20 Grad. Wer regelmässig Güsse macht, wird aber feststellen, dass die Kälteempfindlichkeit nachlässt. Man verträgt dann auch kälteres Wasser sehr gut und kann die Temperatur nach und nach senken.
Wichtig zu wissen: Bei Venenerkrankungen wie auch bei Entzündungen sind Anwendungen mit warmem Wasser nicht ratsam. Eine Alternative ist dann der kalte Knie- oder Schenkelguss. Dazu nur einmal jedes Bein vom kleinen Zeh hoch bis zum Knie bzw. zum Po aussen nach oben abgiessen, danach den Strahl an der Innenseite des Beines nach unten führen. Abschliessend die Fusssohlen abduschen.
Ebenfalls eine Wohltat sowie ein hervorragendes Training für die Blutgefässe und die Wärmeregulation des Körpers ist das Wassertreten. Im Sommer hilft es zudem sehr gut bei schweren Beinen, weil es den Blutrückfluss zum Herzen in den Venen anregt. Auch hier darf man nur mit warmen Füssen starten. Für diese Anwendung die Wanne oder einen grossen Eimer kniehoch mit kaltem Wasser füllen. Im Storchenschritt darin marschieren, das heisst, die Füße sollen abwechselnd immer ganz aus dem Wasser gezogen werden. So lange bewegen, bis ein Kältegefühl eintritt, meist dauert das ein bis zwei Minuten. Dann aus dem Wasser steigen, nicht abtrocknen, sondern das Wasser nur abstreifen. Mit Bewegung für eine schnelle Wiedererwärmung sorgen oder ins Bett legen.
Alternativ zur heimischen Wanne bieten viele Gemeinden Wassertretstellen im Freien. Wichtig: Wassertreten ist bei Nieren- oder Blasenerkrankungen tabu.
Für etwas Mutigere eignen sich Wechselduschen am Morgen. Nach der normalen warmen Dusche wird hier der ganze Körper für ein paar Sekunden möglichst kalt abgeduscht. Die Temperatur sollte bei 20 Grad oder niedriger liegen. Ist das Wasser wärmer, bringt das nichts. Man kann es bei je einem Mal warm und kalt belassen. Noch wirksamer ist es aber, wenn man insgesamt drei Mal eine Minute warm und dann einige Sekunden kalt duscht. Immer kalt abschliessen. Auch hier gilt: Bevor das kalte Wasser auf den Körper trifft, soll er gut durchwärmt sein – entweder, weil man gerade aus dem Bett kommt, oder weil man sich beim ersten Duschdurchgang mit warmem Wasser aufgewärmt hat. Kaltes Wasser auf einen frierenden Körper, das ist nicht ratsam. Übrigens: Wechselduschen härten auch ab und stärken das Immunsystem.
Und noch ein Kneipp-Tipp, den man sogar im Büro durchführen kann. Das kalte Armbad erfrischt wunderbar direkt nach einer Hitzewallung. Ausserdem trainiert es ebenfalls die Wärmeregulation des Körpers. Häufig durchgeführt, werden die Hitzewallungen in der Folge nach und nach schwächer.
Für das Bad das Waschbecken mit kühlem Wasser füllen, die Arme bis Mitte Oberarm für 30 Sekunden eintauchen. Danach das Wasser abstreifen und die Arme bewegen, bis sie wieder warm sind. Diese Anwendung heisst auch „der Espresso des Kneippianers", weil sie schnell fit macht und die Konzentrationsfähigkeit wieder herstellt.
Weitere Informationen zum Thema